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Bain: Europas Banken brauchen „entschlossene Restrukturierung“

Viel Arbeit: Europas Banken müssen restrukturieren, fordert ein aktueller Report von Bain & Company.
Thinkstock / Getty Images

Viele europäische Banken vernichten nach wie vor Werte: Denn auch fünf Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise verdienen die meisten europäischen Banken ihre Kapitalkosten nicht, zeigt eine aktuelle Studie von Bain & Company. „Die Restrukturierung des europäischen Bankensektors ist noch lange nicht zu Ende“, sagt Walter Sinn, Leiter der Banking-Praxisgruppe der Managementberatung im deutschsprachigen Raum. Ernüchternd: Die deutschen Banken liegen im internationalen Renditevergleich nur im Mittelfeld.

Bain hat für die Jahre 2008 bis 2012 die finanzielle Situation von 121 Banken analysiert. Darunter waren die Finanzinstitute der Europäischen Union, der vier wachstumsstärksten GUS-Staaten sowie Südafrika und der Türkei. Dabei kam heraus, dass die risikogewichtete Rendite (Return on Risk Weighted Assets, RoRWA) bei den untersuchten Banken im Durchschnitt weit unter den Kapitalkosten liegt.

Für 2012 ermittelten die Studienautoren einen durchschnittlichen RoRWA von 0,5 Prozent.  2010 hatte dieser Wert immerhin noch bei 1,3 Prozent gelegen. Je nach Größe der Bank hat Bain den RoRWA, der nötig ist, um die Kapitalkosten zu decken, zwischen 1,6 und 2,1 Prozent angesetzt. Zwar stehen deutsche Finanzinstitute heute mit 0,7 Prozent leicht besser da als der Durchschnitt und schneiden immerhin besser ab als beispielsweise französische mit 0,3 Prozent und italienische mit minus 0,6 Prozent. Spitzenpositionen bei der Rentabilität belegen laut Studie jedoch die türkischen Banken mit 4,9 Prozent. Auch skandinavische Institute stehen mit 1,9 Prozent überdurchschnittlich gut da.

Zwei Faktoren machen die Studienautoren für die zu niedrigen Renditen verantwortlich. Zunächst hätten ausgefallene und ausfallgefährdete Kredite 2012 höhere Wertberichtigungen erfordert und damit größere Kosten versursacht. Gleichzeitig seien seit 2010 die operativen Kosten im Vergleich zu den RoRWA und den Erträgen stark angestiegen. Im Durchschnitt liegt laut Studie die durchschnittliche Relation von Kosten zu Erträgen bei europäischen Banken 2012 bei 70 Prozent, ein Anstieg um 8 Prozentpunkte im Vergleich zu 2010.

Restrukturierung gefordert: nur nicht bei deutschen Firmenkunden

Die Analyse fordert Europas Banken zur „entschlossenen Restrukturierung“ auf. Themen wie De-Leveraging und Kostenreduktion müssten endlich angepackt werden. Unbedingt erforderlich beim laufenden Umbau des Geschäftsmodells seien zudem der Aufbau eines systematischen Risikomanagements sowie eine „konsequente Reaktion“ auf den anhaltenden Vertrauensverlust der Kunden. Bei diesem Prozess würde jedoch so manches Institut auf der Strecke bleiben. „Einige europäische Banken könnten an der Restrukturierung scheitern“, mahnt Sinn.

Gut aufgestellt sieht Bain & Company hingegen das Firmenkundengeschäft deutscher Banken. Trotz Eurokrise und neuer Regulierungen erwirtschaften die Finanzinstitute höhere Gewinne im Firmenkundengeschäft  als vor der Finanzkrise, zeigt eine weitere aktuelle Studie der Beratungsfirma. Der erste Corporate-Banking-Index, der rund die Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Banken abdeckt,  fördert zutage, dass die Erträge im Firmenkundengeschäft 2012 mit über 25 Milliarden Euro mehr als 50 Prozent über dem Niveau des Vorkrisenjahres 2007 liegen. Ebenso ist laut Studie die Profitabilität im gleichen Zeitraum um 46 Prozent gewachsen und auch das Kreditvolumen ist 2012 knapp 20 Prozent höher als 2007.

Zwei Risikofaktoren belasten jedoch Bain zufolge im laufenden Jahr die Profitabilität des deutschen Firmenkundengeschäfts: Zunächst sind das der wachsende Wettbewerb bei schwacher Konjunktur im Euroraum. Den zweiten Risikofaktor sieht die Beratungsfirma in den wieder steigenden Werten bei der Kreditrisikovorsorge, die in den Quartalszahlen der deutschen Banken abzulesen seien.

Wie auch schon der European Banking Report macht auch der Corporate-Banking-Index deutlich, dass für die Banken kein Weg an einer verstärkten Kundenorientierung vorbei führt. Europas CFOs dürfte das freuen. Für Jan-Alexander Huber, Co-Autor der Studie und Bain-Partner ist klar: „Je stärker die Banken ihr Angebot an den Bedürfnissen der Unternehmen ausrichten und ihren Service ausbauen, desto besser können sie sich vom Wettbewerb abheben und ihre Firmenkunden dauerhaft binden.“ In Deutschland scheint das Firmenkundengeschäft schon auf einem guten Weg zu sein.

Den vollständigen Report „European Banking: Striking the Right Balance Between Risk and Return” finden Sie zum Download in der FINANCE White Paper Library.

anne-kathrin.meves[at]finance-magazin.de