„Die Banken müssen enger gehalten werden“, forderte der Bankenexperte Horst Löchel gestern Abend bei einem Pressegespräch in Frankfurt. Er glaubt, dass die Finanz- und Staatsschuldenkrise auf die aufgeblähten Schulden und Vermögenswerte zurückzuführen sei, die von der ungehemmten Geldschöpfung der Banken herrührten. „Deshalb müssen wir das Kreditschöpfungspotential der Banken deutlich begrenzen“, sagte Löchel.
Löchels Vorschläge sind nicht neu, ihr Ausmaß aber radikal: Der Professor und Dozent an der privaten Frankfurt School schlägt vor, die Mindestreserveanforderungen für Banken drastisch zu erhöhen – „auf Werte von mindestens 20 Prozent, eher 30 oder 40 Prozent“. Die Mindestreserve beziffert den Anteil an den Kundeneinlagen, den Geschäftsbanken aus Sicherheitsgründen bei den Zentralbanken hinterlegen müssen.
Die Mindestreserve ist ein mächtiges geldpolitisches Instrument, mit dem die Zentralbanken die Kreditschöpfung des Privatsektors behindern und im extremsten Fall die Geschäftsbanken sogar von Notenbankengeld abhängig machen können. Schon seit vielen Jahren indes greifen die Zentralbanken auf dieses Steuerungsmittel nicht mehr zurück, die Mindestreserve der Europäischen Zentralbank liegt aktuell bei 1 Prozent. Jeder Anstieg dieser Vorgabe bremst die Banken in der Expansion ihres Geschäfts. Eine Vervielfachung der Mindestreserve, wie sie Löchel fordert, würde den Finanzsektor und das Ertragspotential der Banken dramatisch schrumpfen lassen.
Wachstumsbremse für die Realwirtschaft
„Nur mit einem solchen Schritt können wir Exzesse in der Kreditvergabe und Preisblasen effektiv bekämpfen“, glaubt Löchel. Die Umsetzung will der Ökonom aber erst nach Bewältigung der Eurokrise sehen. „Dann aber wäre das ein rabiates Mittel, um den Bankensektor zu verkleinern und die Inflation zu begrenzen, insbesondere die Inflation der Vermögenswerte wie Aktien und Immobilien.“
Kritiker werfen den Anhängern hoher Mindestreserven vor, dass diese auch das Wachstumspotential der Realwirtschaft deutlich beeinträchtigen würden. Löchel stimmt dem zu, schätzt die Folgen höherer Mindestreserven aber differenzierter ein: „Sicherlich würde das Wachstumspotential sinken. Aber im Gegenzug hätten wir ein stabileres System statt eines dynamischen Risikowachstums, das alle paar Jahre zu großen Crashs führt“, sagt Löchl und führt die Finanzkrise als Argument ins Feld: „Wie viel Wachstum hat uns denn die Finanzkrise mit der anschließenden Staatsschuldenkrise gekostet?“ Zudem werde die Kreditnachfrage in Europa auch nach Bewältigung der Krise so gering sein, dass die Folgen höherer Mindestreservesätze nur gedämpft in der Realwirtschaft ankämen.