Die Commerzbank droht in den Strudel des untergehenden deutsch-südafrikanischen Möbelkonglomerats Steinhoff hineingezogen zu werden. Gestern Abend gab die niederländische Investorenvereinigung VEB bekannt, die Commerzbank wegen ihrer Rolle beim Börsengang von Steinhoff verklagen zu wollen. Im Dezember 2015 nahm Steinhoff ein Zweitlisting an der Frankfurter Börse auf, davor war der Möbelhändler schon in Südafrika an der Börse Johannesburg notiert.
Die Commerzbank habe an der Erstellung der jeweiligen Prospekte für die beiden Börsengänge mitgewirkt, und diese seien „irreführend“ gewesen, behauptet VEB. Im gleichen Zusammenhang droht die Gruppe auch der britischen Barclays und der ABSA Bank, der größten Geschäftsbank Südafrikas, eine Klage an.
„VEB bezweifelt, dass die Prospekte Steinhoffs finanzielle Lage angemessen widergegeben haben“, lässt der potentielle Commerzbank-Kläger über eine offizielle Mitteilung verbreiten. Die Banken hätten gegenüber den Investoren „unrechtmäßig gehandelt“.
VEB droht Commerzbank mit Sammelklage
Die Commerzbank erklärte auf FINANCE-Anfrage dazu, „dass wir uns grundsätzlich nicht zu tatsächlichen oder potentiellen Kundenbeziehungen äußern“ – eine Stellungnahme, die die Commerzbank schon mehrfach im Zusammenhang mit ihrer Rolle als Partnerbank und Kreditgeber von Steinhoff abgegeben hat.
VEB wartet nun auf eine Reaktion der drei Banken. Diese seien gestern dazu eingeladen worden, über eine außergerichtliche Beilegung des Streits zu verhandeln. „Kommt es dabei zu keiner Einigung, könnten wir eine Sammelklage unter niederländischem Prozessrecht gegen die Bank einreichen“, droht VEB.
Auch Steinhoff-Prüfer Deloitte ist im Visier von VEB
Ähnliches droht auch Steinhoffs Wirtschaftsprüfer Deloitte. Vor zwei Wochen hatte VEB schon mitgeteilt, Deloitte in den Niederlanden und Südafrika für die Schäden in Haftung nehmen zu wollen, die der Bilanzskandal des Möbelkonzerns verursacht hat. Deloitte hat die beiden Jahresabschlüsse 2015 und 2016 testiert, die Steinhoff selbst inzwischen für unrichtig hält. Das Unternehmen hat die Bilanzen zurückgezogen.
Das europäische Geschäft soll mehrere Milliarden Euro weniger wert sein als die Bilanzen es anzeigen, glauben Steinhoff und die Forensiker von PwC, die die Bücher der Vergangenheit intensiv unter die Lupe nehmen. Auch der Immobilienbesitz ist vermutlich nur halb so viel wert wie die bilanzierten 2,2 Milliarden Euro. Weil an diesem Portfolio eine wichtige Finanzierung hängt, ist dieses Bilanzloch für Steinhoff besonders gefährlich.
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