Bereits seit einigen Monaten weiß man, dass die Commerzbank im Rahmen ihres Radikalumbaus tausende Stellen streichen wird. Jetzt wurde erstmals bekannt, welche Bereiche wie stark sparen sollen. Am stärksten ist dabei offenbar das Firmenkundengeschäft betroffen. Das schreibt das „Handelsblatt“ unter Berufung auf eine Commerzbank-interne Aufstellung, die der Zeitung vorliegt. Auf FINANCE-Anfrage sagte ein Sprecher, dass sich die Bank zu konkreten Zahlen und zum Stand der Verhandlungen mit den Arbeitnehmergremien nicht äußert. Konkrete Ergebnisse stünden erst nach Abschluss der Verhandlungen fest.
Der Aufstellung zufolge sollen bis zum Jahr 2020 von derzeit rund 6.500 Stellen im Firmenkundengeschäft nur noch 4.210 Stellen übrig bleiben. Das ist ein Wegfall jeder dritten Stelle. Wie stark die Einschnitte sind, zeigt der Vergleich mit der Privat- und Unternehmenskundensparte: Dort sollen laut internem Bericht nur rund 800 Stellen entfallen, was einem Abbau von 7,5 Prozent entspricht.
Insgesamt würden damit rund 3.100 Stellen im Firmenkundenbereich sowie in der Privat- und Unternehmerkundensparte gestrichen. Bei dem Wegfall handele es sich aber zu einem signifikanten Teil um Verlagerungen in andere Unternehmensbereiche, wie aus informierten Kreisen zu hören ist.
Mittelstandsbank: Fast jede zweite Stelle wird gestrichen
Besonders stark fallen die Kürzungen dem Bericht zufolge bei den Regionaleinheiten der Mittelstandsbank aus: In den Regionen Mitte Ost, Süd und West soll jede zweite Stelle verschwinden, in der Region Nord steht ein Abbau um 40 Prozent an. Zum Vergleich: Im Privatkunden- und Unternehmergeschäft soll in den Regionen nur jede zehnte Stelle wegfallen. Von den Kürzungen in den Regionaleinheiten der Mittelstandsbank seien allerdings nicht die Firmenkundenbetreuer betroffen, es werde vor allem bei Verwaltungsaufgaben gekürzt, zitiert das „Handelsblatt“ Commerzbank-Insider. „Wir bleiben in der Fläche präsent und halten an unserem dichten Filialnetz im Privat- und Firmenkundengeschäft fest“, betonte ein Sprecher.
Dafür will die Bank offenbar die Sparte Advisory & Primary Markets ausbauen, die die Firmenkunden beim Einsatz von Kapitalmarktprodukten berät. Der Umfang dieser Verstärkung ist allerdings noch nicht bekannt. Im Anleihe- und Währungshandel hingegen soll fast jede dritte Stelle wegfallen, in der Analystenabteilung jede vierte Stelle. Durch den Verkauf des Handelsgeschäfts mit Zertifikaten und Derivaten werden über 400 Stellen wegfallen. Dafür will sich die Bank im Bereich Big Data und Advanced Analytics stärken, laut internem Bericht sind dafür 100 Planstellen angesetzt.
Firmenkundengeschäft der Commerzbank ist unter Druck
Die gemessen an der Bilanzsumme nur noch viertgrößte Bank Deutschlands hatte im September vergangenen Jahres die wesentlichen Eckpunkte ihrer Strategie 2020 offengelegt, die starke Auswirkungen auf das Firmenkundengeschäft haben. Dabei löst die Bank die kleinen Firmenkunden aus der Mittelstandsbank heraus und gliedert sie in die Privatkundensparte ein. Die großen Firmenkunden hingegen werden Teil des Kapitalmarktbereichs. In der Folge wird die Mittelstandbank mit dem bisher eigenständigen Investmentbanking zusammengelegt. Der Umbau soll rund 1,1 Milliarden Euro kosten.
Das Firmenkundengeschäft der Commerzbank steht derzeit unter Druck: Das operative Ergebnis in dem neu geschaffenen Segment sank 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 400 Millionen Euro auf 1,3 Milliarden Euro. Wachsen will die Commerzbank jetzt vor allem bei den Mittelständlern. Im Januar rief der neue Firmenkundenchef Michael Reuther eine Wachstumsoffensive aus. Er kündigte an, bis 2020 rund 10.000 neue Firmenkunden, die einen Umsatz zwischen 15 und 100 Millionen Euro erwirtschaften, gewinnen zu wollen.
Info
Wie sich andere Banken positionieren, das erfahren Sie auf der FINANCE-Themenseite zum Firmenkundengeschäft.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.