Zum Halbjahr hatte die Commerzbank in ihrem wichtigen Geschäftssegment „Firmenkunden“ trotz neugewonnener Kunden weniger Ertrag verbucht. „Wir gewinnen viele Firmenkunden, aber das Cross-Selling muss dann erst sukzessive aufgebaut werden“, begründet Roman Schmidt diese Entwicklung. Schmidt ist Corporate-Finance-Chef der Commerzbank und berichtet als Bereichsvorstand direkt an Michael Reuther, der das gesamte Firmenkundensegment im Vorstand verantwortet.
Wie alle Banken belastet das Niedrigzinsumfeld die Commerzbank sowohl auf der Einlagen- als auch auf der Kreditseite. Hinzu kommt laut Schmidt die gegenwärtig schwache Nachfrage der CFOs nach Absicherungsprodukten, was sich in der gesamten Branche im Geschäftsfeld Fixed-Income, Commodities & Currencies (FICC) negativ niederschlage. Außerdem habe die Commerzbank aus Risiko- und Compliance-Gründen zuletzt ihr internationales Korrespondenzbanken-Netzwerk deutlich reduziert und damit auch Erträge verloren. Aus Marktkreisen hat FINANCE erfahren, dass das Netzwerk von 5.000 auf 2.000 Banken reduziert wurde.
Kapitalmarktgeschäft der Commerzbank „wächst profitabel“
Mit der Entwicklung des Kapitalmarktgeschäfts (Corporate Finance) zeigt sich Schmidt dagegen zufrieden: „Dieser Bereich wächst profitabel“, meint der Banker, ohne eine konkrete Wachstumsrate nennen zu können, da die Commerzbank Zahlen nur nach Kundengruppen, jedoch nicht nach Produktbereichen veröffentlicht. Nur so viel: „Das jährliche Ertragspotenzial im Bereich Corporate Finance liegt abhängig vom Marktumfeld bei rund 700 Millionen Euro“, verrät Schmidt. Wie weit die Commerzbank davon entfernt liegt, ist außerhalb der Bank nicht bekannt.
Ein Blick auf das gesamte Ertragspotenzial mit Firmenkunden verdeutlicht den Stellenwert von Schmidts Geschäftsbereich. Bei insgesamt rund 4 Milliarden Euro Ertragspotenzial steht das Kapitalmarktgeschäft laut Roman Schmidt aktuell für rund ein Sechstel der Erträge mit Firmenkunden und ist damit der zweitgrößte Ertragsbringer nach dem Kreditgeschäft. Zum Firmenkundensegment zählt die Commerzbank auch noch die Produktbereiche FICC, Trade Finance & Cash Management und die ETF- und Derivate-Sparte Equity Markets Commodities (EMC), von der sich die Commerzbank allerdings trennen möchte.
Commerzbank baut Corporate-Finance-Team um
Wie die Commerzbank als Ganzes, wurde zuletzt auch das Kapitalmarktgeschäft mehrfach umgebaut und umbenannt. Mit der neuen Strategie von CEO Martin Zielke wurde die Mittelstandsbank aufgeteilt, die kleinen Firmenkunden landeten im Privatkunden-, die internationalen Großkunden ins Kapitalmarktgeschäft. Der große Mittelstandsbauch wird weiter von den regionalen Mittelstandsbanken betreut. Durch den Umbau wanderten auch die mehr als 100 Kapitalmarktspezialisten aus den zehn regionalen Financial-Engineering-Centern der Mittelstandsbank in Schmidts Bereich. Dieser wurde zunächst in Advisory und Primary Markets umbenannt, firmiert seit September aber wieder unter „Corporate Finance“.
Neu aufgebaut wurden auch die Sektor-Teams der Commerzbank. „Das sind Branchen- und Produktexperten, die die Firmenkundenbetreuer vor Ort in komplexen Beratungssituationen unterstützen“, erklärt Schmidt. Ziel sei es, die Kapitalmarktexpertise auch den kleineren Mittelständlern zugänglich zu machen, da diese zunehmend Interesse an Kapitalmarktprodukten hätten.
„Egal ob eine Borrowing-Base-Finanzierung für ein Garten-Center in Hannover oder eine Übernahmefinanzierung über eine Anleihe von AT&T in den USA – alles wird nun aus einer Hand im Bereich Corporate-Finance mit der gebündelten Kapitalmarktexpertise unserer Teams gemacht“, sagt Schmidt.
Roman Schmidt: „30 Prozent unserer SynLoans waren Debüts“
Der Kapitalmarkt sei derzeit vor allem für Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab rund 100 Millionen Euro interessant, meint Schmidt. Der Einstieg erfolge dann meistens über einen Schuldschein, viele Unternehmen nähern sich dem Kapitalmarkt auch über einen Konsortialkredit (Syndicated Loan, kurz: SynLoan). „30 Prozent unserer SynLoans für Mittelständler dieses Jahr waren Debüt-Transaktionen, also der Erstaufschlag am Kapitalmarkt für den Kunden“, berichtet Schmidt.
In den League Tables des Datenanbieters Dealogic für Konsortialkredite im deutschsprachigen Raum rangiert die Commerzbank aktuell auf dem dritten Platz, hinter der Unicredit Deutschland (Hypovereinsbank) und der Deutschen Bank. Sowohl im Geschäft mit Fremdkapital (Debt Capital Markets, kurz: DCM) als auch im Eigenkapitalgeschäft (Equity Capital Markets, kurz: ECM) ist die Commerzbank nicht in den Top 10.
Commerzbank hinkt in deutschen League Tables hinterher
Mit seinem DCM-Geschäft ist Roman Schmidt deshalb aber nicht unzufrieden: „Wir steuern unser Fremdkapitalgeschäft nicht nach League Tables, sondern nach der internen Profitabilität. Außerdem haben wir zuletzt viele Anleiheemissionen im Ausland begleitet.“ Schmidt verweist dazu auf in Euro lautende Anleihe-League-Tables der Nachrichtenagentur Bloomberg. In Großbritannien belege die Commerzbank aktuell mit 16 Transaktionen im Volumen von rund 2,8 Milliarden Euro den achten Platz. Top 3 sind Deutsche Bank, HSBC und Bank of America Merrill Lynch. Auch in Frankreich steht mit 39 Transaktionen über rund 3,6 Milliarden Euro für die Commerzbank der achte Platz zu Buche.
Die schwache Position der Commerzbank in den deutschen ECM-League-Tables führt Schmidt auf die generell sehr geringe Anzahl an Börsengängen zurück: „Wer diese dann begleitet, ist in den League Tables vorne.“
Wenig Sorgen bereitet Schmidt nach eigener Aussage auch der Vormarsch der Auslandsbanken in den Mittelstand mit weniger als 250 Millionen Euro Umsatz. Genau für dieses Segment hatte der neue Firmenkundenchef der BNP Paribas, Lutz Diederichs, in der vergangenen Woche eine Kampfansage formuliert. „Bei der großen Konkurrenz in Deutschland macht eine ausländische Bank mehr oder weniger keinen großen Unterschied“, meint Schmidt. „Wir möchten in den kommenden Jahren verstärkt im breiten Mittelstand wachsen. Daher sind unsere Konkurrenten eher die Volksbanken und Sparkassen.“
Commerzbank finanziert Stada-Übernahme mit
Entschieden wehrt sich Schmidt auch gegen Vorwürfe aus dem Lager der Debt-Investoren – so wie sie jüngst etwa der Private-Debt-Manager Jürgen Breuer von Pemberton formuliert hatte. Der bankenunabhängige Fremdkapitalgeber hatte bei FINANCE-TV kritisiert, dass Banken Kredite, insbesondere mit Ratings im B-Bereich, falsch bepreisen würden. Vor allem deshalb seien Debt-Fonds im Schnitt um 200 bis 300 Basispunkte teurer. Schmidt ist dieser Vorwurf zu einfach: „Das ist ein Markt, der in den letzten Jahren zwar aggressiver wurde. Aber niemand wird gezwungen, solche Deals auf die Bücher zu nehmen.“ Subtext: Die Commerzbank kennt die Risiken, die sie eingeht, und hält ihr Pricing für risikoadäquat.
Beispielsweise hat die Commerzbank gerade die Übernahme des Pharmakonzerns Stada durch die beiden Private-Equity-Investoren Bain und Cinven mitfinanziert. „Die Transaktion war mehrfach überzeichnet, vor allem von Debt-Fonds“, beschreibt Schmidt den interessierten Investorenkreis. Im übertragenen Sinne: Auch wenn die Fonds die Preise kritisieren, zeichnen sie die Papiere.