Der ehemalige Bundesbankpräsident Jens Weidmann soll neuer Vorsitzender des Aufsichtsrats der Commerzbank werden. Wie die Bank am Mittwochnachmittag bekanntgab, habe der Aufsichtsrat in seiner heutigen Sitzung einstimmig erklärt, Weidmann zum Nachfolger seines scheidenden Vorsitzenden Helmut Gottschalk zu bestimmen, wenn dieser auf der Hauptversammlung am 31. März in den Aufsichtsrat gewählt werden sollte. Letzteres gilt als sicher.
Mit Weidmann gewinnt die Commerzbank einen der bekanntesten und profiliertesten Banker Deutschlands. Er war von Mai 2011 bis Ende 2021 Präsident der Deutschen Bundesbank und Mitglied des EZB-Rats.
Commerzbank holt mit Weidmann ein Schwergewicht
Kaum im Amt hatte Weidmann damals für Aufsehen gesorgt, als er als einziges Mitglied des EZB-Rates mit „Nein“ gegen den Beschluss der EZB stimmte, unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen der Mitgliedsländer kaufen zu wollen. Auch danach fiel er als Vertreter einer restriktiven Geldpolitik immer wieder mit Kritik gegenüber geldpolitischen Entscheidungen der EZB auf. Weidmann trat Ende 2021 aus persönlichen Gründen von seinem Amt zurück. Von 2015 bis 2022 war er zudem Vorsitzender des Verwaltungsrats der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel.
Durch seine früheren Tätigkeiten als Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Finanzpolitik im Bundeskanzleramt sowie als persönlicher Beauftragter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Weltwirtschaftsgipfel der G8- und G20-Staaten ist Weidmann sowohl in der Politik als auch in der internationalen Finanzwelt sehr gut vernetzt. Mit ihm holt die Commerzbank ein absolutes Schwergewicht in den Aufsichtsrat.
„Es freut mich, dass mein Vorschlag im Aufsichtsrat sowohl seitens der Anteilseigner als auch seitens der Arbeitnehmer auf breite Zustimmung trifft. Es war mir wichtig, eine weithin respektierte Persönlichkeit für meine Nachfolge zu finden“, spart Noch-Aufsichtsratschef Gottschalk nicht an Lob für seinen designierten Nachfolger. „Jens Weidmann steht für Stabilität und Unabhängigkeit, sodass die Commerzbank ihren in meiner Amtszeit eingeschlagenen erfolgreichen Kurs der eigenständigen Entwicklung fortsetzen kann.“
Gottschalk war seit 2021 Vorsitzender
Gottschalk führt seit April 2021 den Vorsitz über den Aufsichtsrat der Commerzbank und wird nach der Hauptversammlung im März aus Altersgründen aus dem Aufsichtsrat ausscheiden. In seiner bisherigen Amtszeit hat die Bank mit ihrer „Strategie 2024” eine umfassende Restrukturierung begonnen, das Geschäftsmodell an veränderte Rahmenbedingungen angepasst und ihre Profitabilität in ihrem Kerngeschäft deutlich verbessert. Am Freitag könnte die Deutsche Börse in Frankfurt zudem die langersehnte Wiederaufnahme der Commerzbank in den Dax bekanntgeben.
Weiterhin teilte die Commerzbank mit, dass die Bundesregierung als Großaktionär von ihrem vertraglichen Recht Gebrauch macht und Jutta Dönges und Harald Christ als ihre Vertreter im Aufsichtsrat benennt. Dönges gehört dem Gremium seit 2020 an, Christ würde bei einer erfolgreichen Wahl zum ersten Mal in den Aufsichtsrat der Bank einziehen.
Commerzbank verlängert Vertrag mit Kotzbauer
Schon früher am Tag hatte die Commerzbank mitgeteilt, dass der Vertrag mit dem Vorstand für das Firmenkundengeschäft, Michael Kotzbauer, um weitere fünf Jahre verlängert wird. Kotzbauer ist seit Januar 2021 Firmenkundenvorstand der Commerzbank. In dieser Zeit hat die Bank ihre starke Marktstellung als führende deutsche Bank für den Mittelstand ausgebaut.
Das Firmenkundensegment ist unter Kotzbauers Leitung wieder zu einer starken Ertragssäule des Commerzbank-Konzerns geworden, wovon auch der zurückeroberte Spitzenplatz der Commerzbank im letztjährigen FINANCE-Banken-Survey zeugt. Im vergangenen Jahr hatte die Commerzbank das beste Ergebnis im Firmenkundengeschäft seit sieben Jahren erwirtschaftet.
Darüber hinaus will die Commerzbank der Hauptversammlung eine Dividende von 20 Cent pro Aktie für das Geschäftsjahr 2022 vorschlagen. Der Vorstand der Commerzbank hat zudem die Genehmigung eines Aktienrückkaufprogramms beantragt.
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.