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Kapitalmarktgeschäft vor großem Umbruch

Das Kapitalmarktgeschäft der Banken muss sich rasch ändern, die Erträge erodieren.
Beboy Ltd/Thinkstock/Getty Images

Investmentbanken durchleben derzeit eine schwierige Zeit. Von der Partystimmung Ende der neunziger Jahre vor der Weltfinanzkrise Mitte 2000 ist nicht mehr viel zu spüren, vielerorts regiert der Rotstift. Der Ergebnisbeitrag des Kapitalmarktgeschäfts hat sich für Banken in den letzten Jahren stark verändert. „Der Kern des nachhaltig profitablen Kundengeschäfts wird sehr viel enger in einem Umfeld, in dem bei sinkenden Margen und hohen Investitionen bis zu doppelt so viel Kapital erforderlich ist“, erklärt Robert Grübner, Partner bei Bain und einer der Autoren einer neuen Studie, die FINANCE vorliegt.

Unter der Regulierung leiden besonders der Handel mit Staats- und Unternehmensanleihen sowie Rohstoffen, Währungen und Kreditverbriefungen. Sehr deutlich sind die Profite aus Verbriefungsgeschäften gesunken, zu dem auch die in der Finanzkrise in Verruf geratenen ABS-Papiere zählen. Etwas besser sieht es im Bereich Equities aus, aber nur wenig. „Über die Hälfte des Kapitalmarktgeschäfts ist massiv in Frage gestellt“, sagt Grübner. „Viele Geschäfte sind einfach nicht mehr profitabel und verdienen nicht ihre Kapitalkosten.“

Ausgenommen davon ist das Investmentbanking, unter dem Bain Eigen- und Fremdkapitalgeschäft sowie M&A-Beratung subsummiert.  In diesem wenig kapitalintensiven Geschäft lassen sich auch heute noch Renditen von 19 bis 20 Prozent auf das eingesetzte Kapital erwirtschaften – kaum weniger als vor der Regulierungswelle, die nach der Finanzkrise einsetzte. Die Regulatoren honorieren, dass die Geldhäuser in dem beratungsintensiven Geschäft kaum Risiken in die eigenen Bücher nehmen.

Kapitalmarktgeschäft: Treasurer profitieren beim Hedging

Gut laufen derzeit große Transaktionen von Konzernen wie Bayer, Evonik und Lanxess: Besonders diese Kunden geraten in den Fokus der Banken, da  Tier-1-Corporates die meisten Erträge im Investmentbanking versprechen. Das spielt den CFOs dieser Unternehmen in die Hände: Durch den zunehmenden Wettbewerb auf Bankenseite können sie die Preise leichter drücken.

Aber nicht nur im M&A-, ECM- oder DCM-Geschäft sollten Firmenkunden in der Lage sein, Vorteile aus der aktuellen Lage zu ziehen: „Auch beim Hedging von Zinsen, Rohstoffen und Währungen profieren die Treasury-Abteilungen der Unternehmen“, erklärt Bain-Berater Grübner. Die Sicherungsprodukte sind durch die Einführung zentraler Gegenparteien weitaus standardisierter als früher, was die Margen unter Druck setzt. Hinzu kommen Handelsplattformen wie 360T oder Thomson Reuters, die Preise transparenter machen. Durch die Entwicklung von Fintechs ist hier außerdem mit weiteren Neuerungen zu rechnen, die die Preise weiter drücken könnten, so die Erwartung von Bain.

Banken reagieren, aber noch nicht stark genug

Große Banken reagieren auf die Entwicklungen und fahren ihr Kapitalmarktgeschäft teils drastisch zurück. Jüngstes Beispiel ist die Commerzbank, die das Investmentbanking mit der Mittelstandsbank zum neuen Bereich Firmenkunden verschmolzen hat. Gleichzeitig gab die Frankfurter Bank bekannt, das Derivategeschäft im Zinshandel ganz einzustellen. Der Anleihehandel im Bereich Fixed Income & Currencies wird reduziert. Durch diese Neuausrichtung sowie höhere Effizienz im Zuge der Digitalisierung will die Commerzbank bis 2020 Kosteneinsparungen von 1,1 Milliarden Euro erreichen. Dennoch wird CEO Martin Zielke bis dahin nur bei sehr günstiger Zinsentwicklung die Kapitalkosten verdienen können.

Das Problem: Es drohen schon neue Vorschriften, die die Eigenkapitalrendite weiter belasten. Zu der schrittweisen Einführung von Basel II treten Vorhaben wie der finale „Standard zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen“ in Kraft. Hier stehen besonders Fragen zur Zuordnung zum Handelsbuch im Fokus, die den Spielraum der Banken weiter einengen.

Kosten runter, Betriebsmodelle kleiner

Die Bankexperten von Bain kommen zu einem klaren Schluss. „Die Banken müssen noch deutlich stärker  gegensteuern als bisher gedacht“, sagt Grübner. „Die Geschäftsmodelle müssen auf die Kunden zugeschnitten werden, bei denen die Banken einen echten Mehrwert bieten können. Das bedingt neue kundenorientierte Produkt- und Serviceangebote und eine deutlich geringere eigene Wertschöpfung und Kostenbasis.“

Fünf Stellhebel haben die Berater identifiziert, um gegenzusteuern. Neben dem strategischen Fokus und der besseren Effizienz bezieht sich das auch auf die Rekrutierung des richtigen Personals. Gefragt seien jetzt „Leistungsträger, die langfristig und unternehmerisch im Sinne des Kunden arbeiten.“ Weniger begehrt sind die sogenannten „Risk Taker“, die in der Vergangenheit für kurzfristige Erfolge hoch belohnt wurden. Sie haben jedoch für die heutigen Probleme der Banken gesorgt.

Nach etlichen Skandalen stellt sich jedoch die Frage, wie die alte Garde, die häufig noch die Vorstände und Aufsichtsräte dominiert, diesen Wandel vollziehen soll. Grübner ist vorsichtig optimistisch: „Ja, es muss ein Umdenken geben. Die Menschen im Kapitalmarktgeschäft sind aber häufig hochintelligent und wandlungsfähig.“

markus.dentz[at]finance-magazin.de

 

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.