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Nur jede vierte deutsche Bank hat profitables Firmenkundengeschäft

BCG zeichnet ein düsteres Bild des deutschen Firmenkundengeschäfts und verbreitet wenig Hoffnung auf Besserung.
Jakob Eich/Frankfurt Business Media

Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zeichnet ein düsteres Bild des deutschen Firmenkundengeschäfts: 72 Prozent der Banken in Deutschland gelingt es nicht, ihre Kapitalkosten im Firmenkundengeschäft zu verdienen. Das ist das Ergebnis einer globalen Umfrage unter 130 Banken, darunter alle größeren Banken aus Deutschland.

Immerhin beobachtet BCG bei 27 Prozent der Häuser, deren Firmenkundengeschäft unrentabel ist, positive Tendenzen. Doch 45 Prozent entfernen sich immer weiter von der Profitabilitätsschwelle, für die BCG eine Eigenkapitalrendite von 16 Prozent vor Steuern, beziehungsweise 12 Prozent nach Steuern unterstellt.

Firmenkundenerträge wachsen nur um 0,5 Prozent

Unprofitabel ist laut BCG vor allem das Großkundensegment. In Westeuropa ist dieses nur bei 33 Prozent der Banken profitabel. Das Geschäft mit den mittelgroßen Kunden ist mit 40 Prozent nur geringfügig profitabler. Am besten steht mit 67 Prozent das Geschäft mit den kleinen Kunden da, da die Banken hier noch einen hohen Cross-Selling-Anteil von Nichtkreditprodukten hätten und die Kreditausfälle auf niedrigem Niveau seien.

Eine Erholung dieser angespannten Lage ist derweil nicht in Sicht. BCG geht davon aus, dass die Erträge aus dem Firmenkundengeschäft bis 2021 in Deutschland jährlich nur um 0,5 Prozent wachsen und die Margen damit unter Druck bleiben werden. 

BCG: „Kreditbeziehung vernichtet Wert“

„Die Kreditbeziehung ohne Cross-Selling vernichtet in den meisten Fällen Wert.“

Oliver Dany, Senior Partner bei BCG

Der Knackpunkt ist die hohe Abhängigkeit vom Zinsertrag – sowohl im klassischen Firmenkundengeschäft, als auch im Investmentbanking. Im Firmenkundengeschäft leidet laut BCG vor allem das Kreditgeschäft, Transaction Banking, Trade Finance und das Einlagengeschäft. Durch die jahrelange Niedrigzinspolitik steht der Zinsertrag unter Druck. „Die Kreditbeziehung ohne Cross-Selling vernichtet in den meisten Fällen Wert“, sagt Oliver Dany, Senior Partner bei BCG.

Auf das Cross-Selling haben es aber auch die ambitionierten Auslandsbanken abgesehen, die sich von dem unrentablen deutschen Firmenkundengeschäft nicht abschrecken lassen und in den Markt drängen. Sie nutzen gezielt die Schwächen der deutschen Banken aus und punkten beispielsweise mit ihrem weltweiten Netzwerk, sorgen damit aber auch für Überkapazitäten im deutschen Firmenkundengeschäft. „Das Verschwinden einer Bank würde die Finanzierung des deutschen Mittelstandes nicht in Frage stellen. Eine Kreditklemme ist sehr weit weg“, sagt Dany.

„Das Verschwinden einer Bank würde die Finanzierung des deutschen Mittelstandes nicht in Frage stellen.“

Oliver Dany, Senior Partner bei BCG

Investmentbanking leidet unter FICC-Schwäche

Das Investmentbanking deutscher Banken wird seit Jahren vom FICC-Geschäft (Fixed-Income, Currencies und Commodities) dominiert. Die Produkte in diesem Bereich weisen ebenfalls eine hohe Zinsertragskomponente aus. Zusammen mit der niedrigeren Volatilität an den Märkten führte das im vergangenen Jahr zu einem flächendeckenden Ertragsrückgang der deutschen Banken im Investmentbanking. Die großen dominierenden US-Investmentbanken, die seit Jahren wieder Milliardengewinne schreiben, haben laut BCG-Senior-Partner Carsten Baumgärtner zwei entscheidende Vorteile: einen starken Heimatmarkt und die Leitwährung US-Dollar.

Deutsche Banken müssen sich deshalb entscheiden, welche globale Rolle sie im Handelsgeschäft künftig spielen wollen. „Entscheidend ist nicht das größte Handelsbuch, sondern die stärkste Platzierungskraft“, sagt Dany. Außerdem müsse die Bank genug Kapazitäten haben, um Geschäft zwischenzeitlich in der eigenen Bilanz parken zu können.

30 Prozent der Firmenkundenerträge werden digital

Neben dem hohen Wettbewerb und dem schwierigen Marktumfeld belasten deutsche Banken laut BCG auch die hohen Investitionen in interne Restrukturierungsprogramme und vor allem in die Digitalisierung. Bei der Digitalisierung haben die Banken laut Dany kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Laut BCG stimmten 86 Prozent zu, dass die Digitalisierung die Wettbewerbslandschaft des Firmenkundengeschäfts fundamental verändern wird. Aber nur 43 Prozent gaben an, eine klare Digitalstrategie für die Firmenkundenbank zu haben.

Das ist bedenklich, schließlich postuliert BCG, dass in fünf Jahren 30 Prozent der Erträge von Banken mit Firmenkunden ausschließlich über digitale Kanäle erwirtschaftet werden. Das größte Risiko, dadurch Erträge zu verlieren, besteht der Studie zufolge im Bereich Risiko-Management (Derivate- und FX-Handel), Asset-Management, Transaction-Banking und Trade Finance. Hier werden Banken vor allem durch Plattformen bedroht. 360T hat es im FX-Handel bereits vorgemacht. Fintechs wie CRX Markets eifern dem Erfolg im Bereich Supply-Chain-Finance nach.

BCG: Digitalisierung ist kein Experiment

Um die digitalen Erträge selbst zu heben, hat BCG für Banken vier digitale Hebel für das Firmenkundengeschäft identifiziert: Kundenerlebnis verbessern, Datenpotenzial heben, flexibleres Betriebsmodell und eine digitale Kultur aufbauen. Das größte Potenzial biete dabei die Vereinfachung von Prozessen. Aber auch die Rolle des Firmenkundenbetreuers müsse neu gestaltet werden und für Kooperationen geöffnet werden. Laut Dany sind mindestens 95 Prozent der Fintechs für die Bank als Partner zu sehen. Vor allem muss den Banken jedoch klar werden, dass Digitalisierung kein Experiment, sondern ein Gesamtbankthema ist.

Wie ein digitales Firmenkundengeschäft aussehen kann, skizziert BCG am Beispiel einer skandinavischen Großbank. Diese bietet ihren Firmenkunden im Kreditprozess beispielsweise einen digitalen Überblick, wie weit der Prozess abgeschlossen ist. Außerdem kann der Firmenkunde jederzeit per Knopfdruck abrufen, wie viel Kredit er aktuell noch aufnehmen könnte. „Das sind alles individuelle digitale Bausteine, die in Summe aber zu einem ganz anderen Kundenerlebnis führen“, meint Dany.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de

Info

Wie die deutschen Banken im Corporate Banking abgeschnitten haben, zeigt die FINANCE-Themenseite zum Firmenkundengeschäft.