Die Finanzkrise 2008 hätte für viele deutsche Banken eine Zäsur sein sollen – doch der Umgang mit Risiken hat sich offenbar trotzdem nicht signifikant gewandelt. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, bei der 100 Führungskräfte aus der deutschen Bankenbranche zur Risikokultur im eigenen Unternehmen befragt wurden.
Nur jeder zweite Bankmanager kann demnach ein deutliches Umdenken im Umgang mit Risiken erkennen. 45 Prozent der Befragten gaben hingegen an, ein Wandel sei für sie „kaum“ oder „gar nicht“ zu erkennen. Etwa 60 Prozent stufen das Risikobewusstsein im eigenen Haus als „angemessen“ ein, rund ein Drittel sagten hingegen, das sei in ihrer Bank nicht der Fall.
Boni triggern hohe Risikobereitschaft
Als Ursache für das Problem nannte gut die Hälfte der Befragten die Bonussysteme: Sie seien die „potentiellen Treiber für das Eingehen höherer Risiken“. Fast drei Viertel der Befragten stimmten der Aussage zu, dass ambitionierte Zielvergaben bei Mitarbeitern generell dazu führen können, höhere Risiken in Kauf zu nehmen.
Problematisch ist auch, dass momentan gerade einmal jede vierte Bank überhaupt einen formellen Wertekanon hat – und selbst bei diesen Banken können die Befragten nur in 54 Prozent der Fälle eine hohe Übereinstimmung zwischen Kanon und gelebter Praxis feststellen. Darüber hinaus scheint auch die Fehlerkultur noch verbesserungswürdig zu sein: Lediglich 69 Prozent empfinden den Umgang mit Fehlern als offen und transparent.
Vorstand und Geschäftsleitung in der Verantwortung
Es sei jetzt wichtig, dass Banken zunächst einmal einen Dialog innerhalb des Hauses einleiten, so Natalia Kluger, Director bei PwC in Deutschland. „Dabei spielen Vorstand und Senior Management eine entscheidende Rolle, denn ein gesteuerter Kulturwandel beginnt stets von oben“. Dem stimmen auch viele Entscheider größtenteils zu: 52 Prozent sehen Vorstand und Senior Management in der Verantwortung für das Thema Risikokultur.
Bemerkenswert ist, wie die Manager in diesem Zusammenhang die zunehmende Regulierung des Bankgeschäfts sehen: 86 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass „ein stärkerer Einfluss durch Regulierung und Aufsicht hilft, die Risikokultur im Finanzsektor zu verbessern“. Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Frage, wie die Aufsichtsbehörden genau vorgehen sollen: Während rund die Hälfte sich tatsächlich strikte Anforderungen seitens der Regulierer wünscht, wollen 45 Prozent der Befragten lieber nur Prinzipien und Empfehlungen.
Info
Im Rahmen der Studie „The fuzzy thing called risk culture – Status Quo, Chancen und Herausforderungen in der Operationalisierung“, die vom Wirtschaftsprüfer PwC durchgeführt wurde, wurden von November 2017 bis März 2018 100 Führungs- und Fachkräfte der deutschen Bankenbranche aus den Bereichen Strategie, Risikocontrolling, Compliance, Personalwesen und Revision zu ihrer Einschätzung über die Risikokultur in deutschen Kreditinstituten befragt.