Die Aktionärsstruktur des französischen Brokerhauses Kepler Cheuvreux wird kräftig durchgeschüttelt: Nachdem vor wenigen Tagen der frühere Barclays-Chef Bob Diamond bekanntgegeben hatte, gemeinsam mit der Investmentbank Rothschild 27,7 Prozent an Kepler übernommen zu haben, meldet nun auch die Unicredit eine Anteilsaufstockung.
Die italienische Großbank verdoppelt ihren Anteil von 5,2 auf 10,3 Prozent. Möglich wurde die Neuordnung der Gesellschafterstruktur durch den Ausstieg des Finanzinvestors Blackfin, der zwischenzeitlich einmal 49,9 Prozent an Kepler Cheuvreux gehalten, seine Beteiligung seitdem aber schon deutlich reduziert hatte. Der französische Staatsfonds CDC senkt seinen Anteil von 8 auf 5 Prozent.
Kepler Cheuvreux ist seit 2011 wichtig für die Unicredit
Für die Unicredit ist es strategisch wichtig, ihren Einfluss auf Kepler Cheuvreux abzusichern, bilden die Franzosen doch das Kernstück des Equity-Capital-Markets-Geschäfts der Bank. Beide gingen im Jahr 2011 eine Partnerschaft ein, in deren Zuge die Unicredit und ihre deutsche Tochter HVB ihr Aktien-Research mit jenem von Kepler Cheuvreux zusammenlegten.
Kepler ist aber deutlich mehr als eine ausgelagerte Research-Abteilung. Die Unicredit nutzt das weitreichende Netzwerk des spezialisierten Brokers auch für die Platzierung von Aktien aus Börsengängen und Kapitalerhöhungen, bei denen sie im Emissionskonsortium sitzt. Zuletzt war dies in Deutschland etwa beim Börsengang der DWS und der 1 Milliarde Euro schweren Kapitalerhöhung des Dax-Konzerns Vonovia der Fall.
Kepler beschäftigt 120 Analysten, die rund 1.000 europäische Unternehmen analysieren. Kepler unterhält insgesamt 14 Bürostandorte. Die Unicredit ist aber nicht die einzige Bank, die sich des Vertriebsnetzwerks der Franzosen bedient: Auch Banken wie Julius Baer, Dexia, Crédit Agricole, Swedbank und die niederländische Rabobank kooperieren mit Kepler Cheuvreux.
Mifid 2 könnte noch mehr Banken zu Kepler locken
Mit dem Anteilserwerb sichert die Unicredit also auch ihren Einfluss auf den wichtigen strategischen Partner ab – zumal es nicht unwahrscheinlich ist, dass dort noch weitere Banken andocken. Die neue Finanzmarktregulierung Mifid 2 hat bei vielen, insbesondere kleineren Brokern die Umsätze einbrechen lassen.
Auch Banken leiden unter den neuen Vorschriften, die unter anderem vorsehen, dass institutionelle Investoren inzwischen für Research-Leistungen ihrer Broker bezahlen müssen. Die bis vor kurzem üblichen, intransparenten Verrechnungen mit späteren Handelsaufträgen sind nicht mehr möglich. Dies hat die Nachfrage der Investoren nach Research und Roadshows stark reduziert. Kepler sieht sich in einer guten Position, die Schwäche vieler Wettbewerber für sich auszunutzen und sowohl neue Partner als auch zusätzliche Marktanteile zu gewinnen.
Kepler Cheuvreux wächst kräftig
Tatsächlich verzeichnet das paneuropäische Corporate-Finance-Haus einen Aufschwung: 2017 erwirtschaftete Kepler Erlöse von 253 Millionen Euro, in den vergangenen vier Jahren lag das jährliche Wachstum im Schnitt bei 13 Prozent. Der operative Gewinn betrug zuletzt 39 Millionen Euro und soll in diesem Jahr auf 54 Millionen Euro ansteigen. Bei den Erlösen ist eine Steigerung auf 270 Millionen Euro geplant.
Ex-Barclays-Chef Bob Diamond, der für sich allein genommen 19,7 Prozent der Anteile kontrolliert, ist der größte Einzelaktionär, aber die größte Gesellschaftergruppe stellen die Mitarbeiter, die gemeinsam etwas mehr als 25 Prozent an Kepler Cheuvreux halten, aber 40 Prozent der Stimmrechte auf sich vereinen.