Dem Image der renommierten Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer droht ein erheblicher Schaden: Wie der „Spiegel“ berichtet, hat der Untersuchungsausschuss für Cum-Ex-Geschäfte um den vorsitzenden SPD-Politiker Hans-Ulrich Krüger beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einen Durchsuchungsantrag für die Geschäftsräume der Kanzlei gestellt.
Krüger messe den Freshfields-Anwälten bei den zwielichtigen Cum-Ex-Geschäften eine „dominante Rolle“ bei und kritisiere, dass Freshfields wichtige Unterlagen zurückhalte, die mehr Licht in die Cum-Ex-Affäre bringen könnten. Freshfields verteidigt seine Rolle damit, dass die Kanzlei lediglich „Gutachten auf Grundlage von abstrakt vorgegebenen Sachverhalten“ erstellt habe. Die Entscheidung, was damit zu tun sei, habe beim Mandanten gelegen. Kritisch für Freshfields: Den jetzigen, aber auch möglichen künftigen Klienten dürfte es nicht gefallen, wenn Ermittler die Kanzleiräume durchsuchen und in diesem Zuge möglicherweise auch Klientendokumente in die Hände Dritter gelangen.
Bei Cum-Ex-Geschäften – auch bekannt unter dem Begriff „Dividendenstripping“ – werden Aktien nahe des Dividendenstichtags grenzübergreifend gehandelt. Bis 2012 konnten sich die Beteiligten durch technische und rechtliche Lücken die anfallende Kapitalertragssteuer vom Fiskus doppelt zurückerstatten lassen, da nur inländische Depotbanken ausdrücklich zum automatischen Einbehalt von Kapitalertragssteuer verpflichtet waren. Laut des Spiegels entgingen dem Staat auf diese Weise mehr als 10 Milliarden Euro.
Freshfields-Urteil könnte auch andere Cum-Ex-Gehilfen treffen
In seiner aktuellen Ausgabe beschreibt der Spiegel ein regelrechtes Netzwerk in der deutschen Finanzszene, das in die Cum-Ex-Affäre involviert sein soll. Neben Banken spielten offenbar auch Juristen, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer eine entscheidende Rolle. Der Artikel nennt mit PwC, KPMG, Clifford Chance oder Norton Rose Fulbright prominente Dienstleister, die ihre Expertise „in der einen oder anderen Weise für das Cum-Ex-Karussell zur Verfügung gestellt haben sollen“.
Manche Kanzleien sollen wie Freshfields nur Gutachten auf Anfrage erstellt haben. Andere sollen dagegen sogar aktiv über Fonds Kapital eingeworben haben. In diesem Zusammenhang fällt der Name der Schweizer Bank Sarasin, in deren Fonds unter anderem Prominente wie der Unternehmer Carsten Maschmeyer investiert haben sollen.
Cum-Ex-Beratung war für Freshfields nicht lukrativ
Sollte der Bundesgerichtshof die Bürodurchsuchung bei Freshfields bewilligen, wäre dies nicht nur ein historisches Urteil. Es könnte ein Präzedenzfall entstehen, der auch für andere Cum-Ex-Beteiligte Folgen haben könnte.
Freshfields-Anwälte sollen eine ganze Reihe von prominenten Unternehmen und Banken in puncto Cum-Ex beraten haben. Der Spiegel nennt die australische Macquarie-Gruppe, die britische Bank Barclays und den belgischen Finanzkonzern Fortis. Auch die vor kurzem zusammengebrochene Frankfurter Maple-Bank hat Freshfields dem Spiegel zufolge über viele Jahre beraten.
Allerdings gibt es auch Punkte, die gegen eine tiefe Verwicklung von Freshfields in die Cum-Ex-Affäre sprechen: So soll Freshfields das Bundesfinanzministerium schon 2005 auf die Gesetzeslücke hingewiesen und die Funktionsweise von Cum-Ex-Geschäften zum Schaden des Fiskus erläutert haben. Zudem scheint die Cum-Ex-Beratung für Freshfields nicht sonderlich lukrativ gewesen zu sein. Laut Spiegel kassierten Großkanzleien bei Stundensätzen von rund 500 Euro oft höchstens zwischen 15.000 und 20.000 Euro pro Gutachten.