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Beratung wird zum Nummer-Eins-Geschäft bei PwC

PwC hat erstmals die 2-Milliarden-Marke geknackt. Besonders stark ist die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in der Beratung gewachsen.
PwC

Deutschlands größtes Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshaus PwC hat seine Zahlen vorgelegt. Nachdem die Gesellschaft im Vorjahr mit einem sehr starken Wachstum von 16 Prozent überraschte, ist das Wachstum im jüngsten Geschäftsjahr, das Ende Juni 2017 ablief, mit 10 Prozent zwar weiterhin auf gutem Niveau, aber schwächer geworden. Insgesamt ist die Gesamtleistung auf rund 2,1 Milliarden Euro angestiegen. Im Gegensatz zum Umsatz rechnet die Gesamtleistung die bis zum Bilanzstichtag erbrachten Leistungen aus noch nicht beendeten Projekten mit ein.

Damit kann sich PwC zwar weiter gut als Nummer Eins behaupten, bleibt mit seiner Wachstumsrate aber weit hinter dem Konkurrenten Deloitte zurück, der im vergangenen Geschäftsjahr um 28 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro zulegen konnte. Das Wachstum von Deloitte ging allerdings von einem wesentlich niedrigeren Niveau aus. Die anderen Big-Four-Wettbewerber Ernst & Young (EY) und KPMG werden ihre aktuellen Geschäftszahlen erst gegen Jahresende vorlegen.

Strategy&-Umsatz brach um 40 Prozent ein

Wie in den Jahren zuvor ist die Unternehmensberatung der Hauptwachstumstreiber, dort konnte PwC um 18,1 Prozent auf 781,3 Millionen Euro zulegen. An das Wachstum im Vorjahr, als PwC im Beratungssegment um über 40 Prozent wuchs, reicht das allerdings bei weitem nicht heran. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass PwC damals erstmals die Umsätze von Strategy& (ehemals Booz) konsolidiert hat, einer großen Strategieberatung, die PwC 2014 gekauft hatte.

Die Integration von Strategy& ging mit einigen Turbulenzen einher: Viele Berater hatten Strategy& nach der Übernahme verlassen, weil sie in Bereichen beraten hatten, in denen PwC Prüfmandate hatte. Um die Unabhängigkeit nicht zu gefährden, mussten die Beratungsmandate abgestoßen werden. Deswegen verlor Strategy& unmittelbar nach der Übernahme rund 40 Prozent des Umsatzes, erklärte PwC-Chef Norbert Winkeljohann gestern Abend bei der Präsentation der Zahlen.

Diesen Einbruch habe PwC inzwischen aber wieder wettgemacht. Das diesjährige Wachstum von über 18 Prozent sei daher fast vollständig organischer Natur, betont Winkeljohann. An den Konkurrenten Deloitte reicht das dennoch nicht heran. Die Münchener sind um rund 45 Prozent im Beratungsgeschäft gewachsen – und zwar ebenfalls organisch.

PwC berät Bosch, Bilfinger und Munich Re

Winkeljohann betont, dass PwC seinen Fokus vor allem auf ein nachhaltiges Wachstum im Beratungsgeschäft lege und daher bewusst kein Implementierungsgeschäft anbiete. Zwar berät PwC nach dem Grundsatz „Von der Strategie bis zur Umsetzung“, die finale Implementierung durch eine Software übernimmt dann aber jemand anderes. Die Wachstumsraten in diesem Geschäft mögen zwar kurzfristig hoch sein, so Winkeljohann. Doch wenn die erste Implementierungswelle durch sei, dürfte die Expertise, die man sich dazu ins Haus geholt habe, brachliegen. Das lohne sich nicht.

Neben klassischen Themen wie Beratung bei M&A, Bilanzierung oder Prozessoptimierungen sind bei PwC IT- und Digitalisierungsthemen ganz oben auf die Agenda gerückt. So berät PwC die Unternehmen auch zu Cyber Security, Künstlicher Intelligenz, Industrie 4.0 oder Robotics. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte PwC  namhafte Beratungsmandate gewinnen, beispielsweise Bosch im Bereich Internet of Things, Bilfinger im Bereich HR und Munich Re bei der Umsetzung des neuen Bilanzierungsstandards IFRS 9. 

Wirtschaftsprüfung bei PwC entwickelt sich schwach

Die Wirtschaftsprüfung hat sich hingegen schwach entwickelt. Das Stammgeschäft konnte nur um magere 1,7 Prozent (Vorjahr: 7 Prozent) auf 743,5 Millionen Euro zulegen. Erstmals in der Unternehmensgeschichte setzt PwC damit mehr in der Beratung als in der Prüfung um.

Bei Deloitte und EY ist es bereits ein Jahr früher zu dieser Zeitenwende gekommen, bei EY aber vor allem deshalb, weil das Wirtschaftsprüfungsgeschäft sogar schrumpfte. Der erfolgreiche Vorstoß der Big Four in das Beratungsgeschäft bereitet großen Strategieberatern und kleineren Corporate-Finance-Häusern zunehmend Sorgen.

Das schwache Wachstum führt Winkeljohann auf das „wettbewerbsintensive und regulierte Marktumfeld“ zurück. Hier leidet PwC vor allem unter der verpflichtenden Prüferrotation, die die Unternehmen dazu zwingt, ihre Abschlussprüfer zu wechseln. PwC muss aufgrund der Vielzahl an großen Mandaten im Dax und MDax besonders viele Einbußen hinnehmen.

PwC musste Tui, Bayer und Commerzbank abgeben

Zwar wird die Rotationswelle voraussichtlich erst im Jahr 2020 ihren Höhepunkt erreichen, doch schon jetzt muss PwC Mandate abgeben, unter anderem Bayer, Tui, die Commerzbank und VTG, wie eine Übersicht über gewonnene und verlorene Mandate der Big Four im bisherigen Jahresverlauf 2017 zeigt. Diese Verluste dürften sich teilweise erst im aktuellen Geschäftsjahr im Umsatz durchschlagen. PwC-Kunden, bei denen die Ausschreibung derzeit noch läuft, sind außerdem Nordex, Washtec und Alstria Office. Hier drohen also ebenfalls Verluste. Die Umsätze in der Wirtschaftsprüfung werden also noch länger unter Druck stehen.

Auf der anderen Seite gewinnt PwC Mandate vor allem im Versicherungsmarkt, der bisher von KPMG dominiert wurde. In diesem Jahr konnte PwC bereits die Allianz, die Nürnberger Versicherungsgruppe, die Hannover Rück und den Versicherer Talanx gewinnen. Die Chancen, dass PwC mit der nun aufgebauten Versicherungsexpertise auch andere Häuser als Kunden gewinnt, ist hoch.

PwC konnte Stada, Telefónica oder Lanxess gewinnen

Daneben konnte PwC auch Stada, Gazprom Deutschland, Telefónica Deutschland und Lanxess gewinnen. Doch nicht immer hat sich der Aufwand, an einer Ausschreibung teilzunehmen, gelohnt: Bei Beiersdorf, Axel Springer und Wacker Chemie kam PwC nur auf den zweiten Platz.

Doch selbst wenn PwC ein Mandat gewonnen hat, führt das nicht gleich zu höheren Gewinnen. Gerade bei den großen Dax-Konzernen braucht ein Wirtschaftsprüfer rund ein Jahr, bis er sich mit dem Unternehmen vertraut gemacht und eingearbeitet hat. In dieser Zeit sind die Margen noch gering.

Ebenfalls eher schwach hat sich die Steuerberatung entwickelt, die um 2,2 Prozent (Vorjahr: 3 Prozent) auf 524,7 Millionen Euro gewachsen ist. Hier bahnen sich aber Effizienzgewinne durch die zunehmende Digitalisierung von Prozessen an. So experimentiert PwC auch in der Steuerberatung mit künstlicher Intelligenz und setzt bereits Tools ein, die Teile der Steuerberatung automatisieren.

PwC hat sich auf die Suche nach neuem Chef gemacht

Und das ist nicht das einzige Segment, in dem Menschen durch Maschinen ersetzt werden: Quer durch alle Bereiche hindurch glaubt Winkeljohann, dass in fünf Jahren die Hälfte aller traditionellen Tätigkeiten bei PwC nur noch von Maschinen ausgeführt werden. Shared Services und Automatisierung würden einfache Arbeiten ersetzen. Dieser Prozess ist Teil der Transformation des Geschäftsmodells von PwC.

Für das aktuelle Geschäftsjahr gab sich Winkeljohann eher vorsichtig, was ein erneutes zweistelliges Umsatzwachstum angeht.  Die nächste Jahresbilanz wird dann ein anderer ziehen, da Winkeljohann  PwC nach zwei Amtszeiten und dem Erreichen der firmeninternen Altersgrenze Ende Juni 2018 verlassen wird. Den Nachfolger planen die PwC-Partner, im Frühjahr 2018 zu wählen.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Wie sich KPMG, Deloitte, EY und PwC um die Marktführerschaft duellieren, zeigt unsere FINANCE-Themenseite Big Four. 

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.