Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG hat ihr Mandat für die Investorensuche am Flughafen Hahn verloren. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat heute bekanntgegeben, dass sie die Zusammenarbeit mit KPMG beenden wird. Beide Seiten hätten eine entsprechende Vereinbarung getroffen, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD).
Obwohl noch völlig unklar ist, welchen Anteil die Politik an dem verpatzten M&A-Prozess hat, lehnt sich Lewentz rhetorisch weit aus dem Fenster, indem er suggeriert, dass KPMG das Debakel in die eigene Verantwortung nimmt: „Es sind Honorarregelung gefunden worden, die unseren Vorstellungen sehr entsprechen“, erklärte Lewentz. Verschiedenen Medienberichten zufolge hat das Land KPMG bislang 6,25 Millionen Euro überwiesen.
KPMG und Rheinland-Pfalz streiten wegen der Schuldfrage
Dieses Statement dürfte vor allem innenpolitisch motiviert sein, um Druck von der Landesregierung zu nehmen. Die Opposition im Landtag hatte ihr vorgeworfen, selbst den M&A-Prozess falsch gesteuert zu haben. Der M&A-Experte Hermann Meller hatte den gesamten M&A-Prozess gegenüber FINANCE als „unprofessionell“ bezeichnet und sowohl KPMG als auch der Landesregierung Versäumnisse unterstellt. Die Landesregierung hatte KPMG als Berater mandatiert, um einen Käufer für den Flughafen zu finden. Der Käufer war zwar schnell gefunden – entpuppte sich aber als Briefkastenfirma aus China.
Seitdem streiten sich die Parteien darum, wer die Schuld an dem verpatzten Deal trägt. Während KPMG sich wegen der gesetzlichen Schweigepflicht für Wirtschaftsprüfer nicht öffentlich äußern darf, spart die Gegenseite nicht mit Vorwürfen. Das kratzt am Ruf der WP-Gesellschaft. Dass die Zusammenarbeit jetzt beendet wurde, ohne dass ein neuer Käufer gefunden wurde, dürfte dem Ruf noch mehr schaden.
Der M&A-Deal wird aber nach wie vor verhandelt. Dem Vernehmen nach sind immer noch drei Interessenten im Rennen um den Flughafen. Die wesentlich kleinere Wirtschaftsberatungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton setzt den Verkaufsprozess jetzt fort.
Bastei Lübbe, P+S, Nürburgring: Kein guter Lauf für KPMG
Das unrühmliche Ende des Mandats am Hahn ist für KPMG der unschöne Höhepunkt eines problematischen Jahres, in dessen Verlauf KPMG auch bei anderen Mandaten unter Druck gekommen ist. So hatte KPMG bei dem Verlag Bastei Lübbe einen gravierenden Bilanzierungsfehler übersehen. Auch hier wird KPMG das Mandat in Kürze abgeben müssen, Bastei Lübbe ist derzeit auf der Suche nach einem neuen Prüfer.
Ein anderer Fall, der in diesem Jahr durch die Medien ging, war ein angeblich falsches Sanierungsgutachten, das KPMG für die Werftengruppe P+S ausgestellt hatte. Auftraggeber war die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern. Ebenfalls öffentlichkeitswirksam wurde der Verkauf des Nürburgrings, für den KPMG ein Mandat von der damaligen rheinland-pfälzischen Landesregierung erhalten hat, ausgetragen. Dort kam es ebenfalls zu Ungereimtheiten, in deren Zuge auch KPMG schlecht aussah.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.