Interim-Manager, und mit ihnen auch Interim-CFOs, haben oft noch mit dem Vorurteil zu kämpfen, sie seien bloß Gescheiterte ohne Festanstellung. Doch dieses Bild hat sich gewandelt. „Der Interim-Manager ist heute ein professionelles Berufsbild“, sagt Rainer Nagel, Managing Partner bei der auf Interim-Management spezialisierten Beratungsgesellschaft Atreus.
Das Berufsbild des Interim-Managers wird offenbar immer attraktiver. Allein bei Atreus bewerben sich laut Nagel jedes Jahr etwa 2000 Kandidaten, davon werden etwa 400 zum Gespräch eingeladen. Die Spannbreite reiche vom ehemaligen DAX-Vorstand bis zum Buchhalter. Ein weiterer Trend: Immer mehr jüngere Manager zieht es in den Beruf. Einen Grund dafür sieht Nagel in der Enttäuschung der Kandidaten über ihre früheren Unternehmen. Denen attestierten die Bewerber zu wenig Ergebnisorientierung und zu viel persönliche Politik.
Einem Interim-Manager mangelt es an Veränderungen nicht. Doch die Anforderungen sind hoch. „Der Kernunterschied zwischen Interim- und festangestellten Managern ist, dass der Interim-Manager fast ausschließlich für Transformationen eingesetzt wird“, sagt Nagel. Interim-Manager müssen jedoch nicht immer von außen kommen. Ein Beispiel für eine interne Lösung ist Annabella Bassler. Sie hatte im Mai 2012 die CFO-Position bei dem Schweizer Verlagshaus Ringier interimistisch übernommen. Zuvor war sie als Head of Corporate Finance im Unternehmen gewesen. Bassler kam zum Zuge, da ihr Vorgänger Tobias Schulz-Isenbeck Ringier im Rahmen einer großangelegten Reorganisation verlassen hatte.
Interim-CFOs müssen Ärmel hochkrempeln
Transformationen, die Interim-Manager häufig begleiten, reichen vom Unternehmensumbau über die Einführung neuer Systeme oder das Vorantreiben der Internationalisierung bis hin zur Restrukturierung des Unternehmens. Interim-CFOs kommen nach Nagels Erfahrung auch zum Einsatz, wenn beispielsweise die Zusammenarbeit mit den Banken so schwierig wird, dass die Situation zu eskalieren droht.
Die unterschiedlichen Einsatzbereiche zeigen: Ein Interim-CFO ist in der Regel kein Generalist. Die Finanzchefs auf Zeit müssen ihr Handwerkszeug beherrschen und sollten schon häufiger schwierige Situationen in Unternehmen gemeistert haben. „Ein Interim-CFO muss sehr zahlenfirm sein und ein tiefgehendes Verständnis für Finanzprozesse haben“, sagt Nagel. Denn wenn ein Interim-Manager eines nicht hat, dann ist es Zeit für die Einarbeitung in ein neues Unternehmen. Ebenso wichtig wie das Wissen über Systeme, Controlling, Buchhaltung und Projektmanagement sei daher die Persönlichkeit des jeweiligen Managers.
Drei Voraussetzungen sollte ein Interim- CFO in jedem Fall mitbringen. Um im neuen Unternehmen nach einer Einarbeitungszeit von wenigen Tagen loslegen zu können, muss der Interim-CFO die „Ärmel sofort hochkrempeln“, sagt Nagel. Der zweite Punkt sei „Leadership durch Vorbild“. Denn wenn der Interim-CFO von den Mitarbeitern im Unternehmen als Profi für die Situation angesehen werde, falle es leichter, Veränderungen durchzusetzen. Das erfordert neben rein inhaltlicher Arbeit auch ein gewisses Kommunikationstalent. Drittens müssen Interim-CFOs laut Nagel flexibel sein. „Sie dürfen den Menschen nicht alles überstülpen wollen“, sagt der Atreus-Manager.
Doch bei aller Begeisterung für den Beruf des Interim-Managers, streben viele CFOs nach wie vor eine Festanstellung an. Manchmal führt auch der Einsatz als Kurzzeit-CFO zum dauerhaften Vorstandsposten. So ist beispielsweise Annaballa Bassler seit rund eineinhalb Jahren festangestellte Finanzchefin bei Ringier.