Die gerade auf den Weg gebrachte Rentenreform der großen Koalition treibt vielen CFOs Sorgenfalten auf die Stirn. Das voraussichtlich teuerste Projekt der Legislaturperiode ist am Mittwoch auf den Weg gebracht worden und sieht unter anderem die abschlagsfreie Rente mit 63 für langjährig Versicherte vor. Voraussetzung dafür sind 45 Versicherungsjahre wobei Zeiten, in denen Arbeitslosengeld 1 gezahlt wurde, angerechnet werden sollen. In vielen Unternehmen wächst nun die Sorge vor einem Exodus älterer Mitarbeiter und langfristig steigenden Sozialabgaben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Schätzungen zufolge werden für das komplette Rentenpaket bis 2030 Kosten von 160 Milliarden Euro anfallen. Die jährlichen Kosten für die Rente mit 63 liegen pro Jahr bei durchschnittlich 2 Milliarden Euro.
Belastungen für arbeitsintensive Unternehmen
„Die Politik nimmt angesichts der raschen Alterung unserer Gesellschaft steigende Lohnnebenkosten billigend in Kauf. Neue Abgaben sind da vorprogrammiert, um die bald klaffenden Lücken in den Sozialkassen notdürftig zu stopfen“, befürchtet NRW-Landesgeschäftsführer Herbert Schulte vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft. Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand stößt ins gleiche Horn und warnt vor den negativen Folgen einer abschlagsfreien Rente mit 63. Sie gefährde die Finanzierbarkeit der Sozialsysteme, und belaste gerade die arbeitsintensiven mittelständischen Betriebe heißt es dazu in einem aktuellen Statement. Das gefährde die Beschäftigung im Mittelstand.
Auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist – das Gesetz soll erst im Mai beschlossen und im Juli in Kraft treten – müssen sich vor allem Unternehmen mit einem hohen Anteil Älteren in der Belegschaft Sorgen machen. Ohne jegliche Beschränkung bei der Anrechnung von Zeiten, in den Arbeitslosengeld 1 bezogen wurde, könnte jeder dritte Neurentner die Voraussetzungen der Rente mit 63 erfüllen, heißt es in einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände beziffert den Kreis der Begünstigten im engeren Sinne des Gesetzentwurfs immerhin noch auf „etwa jeden vierten“. Um solche oftmals langgediente und erfahrene Arbeitskräfte zu halten, dürften intensive Anstrengungen und vor allem mehr Geld notwendig werden.
Anreize zur Frühverrentung
Allerdings gibt es auch CFOs, die der neuen Regelung Positives abgewinnen können. In Unternehmen, die ohnehin Personal abbauen wollen, setzen die neuen Rentenpläne in ihrer jetzigen Form nämlich Anreize zum Frühausstieg. In Verbindung mit dem Bezug von Arbeitslosengeld 1 über maximal zwei Jahre könnten Beschäftigte so schon mit 61 Jahren freigesetzt werden, ohne Abzüge bei der gesetzlichen Rente befürchten zu müssen. Zwar heißt es aus dem BMAS, dass mit der Rentenreform keinerlei Anreize für eine Frühverrentung gesetzt würden. Doch wenn die Rentenreform bleibt wie sie ist, wird sie den Personalabbau zumindest da erleichtern, wo er ohnehin geplant ist. Erfreulich ist zumindest eines: Auswirkungen der Rente mit 63 auf die Betriebsrentensysteme wurden ausgeschlossen.