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Finanzexpertise zahlt sich für Aufsichtsräte aus

Die Aufsichtsratsvergütungen der Dax-Unternehmen steigen. Finanzielle Expertise zahlt sich zusätzlich aus.
Creatas/Thinkstock/Getty Images

Die Krise hat Unternehmen und ihre Stakeholder teils schmerzhaft spüren lassen, wie wichtig ein qualifizierter Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss sind. Vor allem Finanzexpertise ist gefragt. Das Bilanzierungsmodernisierungsgesetz, kurz BilMoG, schreibt seit drei Jahren vor, dass mindestens ein Finanzexperte in jedem Aufsichtsrat sitzen soll. Zudem empfiehlt der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCKG) seit 2010, dass sich die Aufsichtsräte großer börsennotierter Unternehmen kontinuierlich weiterbilden sollen. „Wir müssen mehr Fachleute aktivieren – nicht zuletzt durch eine Vergütung, die dem gestiegenen zeitlichen Aufwand und der höheren Haftung angemessen ist“, sagte Daniela Weber-Rey, Mitglied der Regierungskommission DCGK und Partner bei Clifford Chance, noch im Juni gegenüber FINANCE.

Bewegung bei der Aufsichtsratsvergütung

Nun zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Towers Watson, dass sich bei der Aufsichtsratsvergütung der deutschen DAX-Konzerne einiges tut. Vor allem die Zahlung von Tantiemen auf kurzfristiger Basis geht zurück, weil der DCGK seit Mai 2012 keine erfolgsorientierte Aufsichtsratsvergütung mehr empfiehlt. Wählt ein Unternehmen dennoch ein erfolgsorientiertes Modell, rät der DCGK zu einer langfristigen Bemessungsgrundlage. Direkt erfolgsorientierte Vergütung gibt es europaweit nur in Deutschland.

Für eine Festvergütung spricht laut Towers Watson der Aspekt der Unabhängigkeit des Aufsichtsrates. Zudem ermögliche sie in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine Honorierung des von Weber-Rey angesprochenen zeitlichen Aufwandes – unabhängig vom Erfolg. Langfristig angelegte variable Vergütungen hingegen sollen einen Einklang der Interessen von Aufsichtsrat und Aktionären sichern. Dauerhaft schlechte Performance wirkt sich dann negativ auf die Vergütungshöhe der Aufsichtsräte aus. Eine reine Festvergütung erhalten ab 2013 beispielsweise die Aufsichtsräte von Bayer, Deutscher Börse, Henkel, K+S sowie Lufthansa. Continental wandelt seine kurzfristige Vergütungsstruktur komplett in eine langfristige um.

Finanzexpertise rentiert sich

Die Finanzexpertise kann sich ebenfalls im Hinblick auf die Vergütung auszahlen. Seit dem Enron-Skandal sind Prüfungsausschüsse zu einem zentralen Element der Corporate Governance geworden, und die Finanzkrise hat die Bedeutung der Rechnungslegungsprüfer erneut verstärkt. Das scheint sich nun auch in den Gehältern auszudrücken. So zahlt Conti dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses eine höhere Vergütung. Bei Bayer bekommt der Prüfungsausschuss doppelt so viel Gehalt wie Mitglieder anderer Ausschüsse. Auch die Deutschen Börse und Henkel zahlen Prüfungsausschussmitgliedern mehr Geld. Nur Merck verzichtet komplett auf Ausschussvergütungen. Auch bei Aufsichtsratsvorsitzenden und ihren Stellvertretern wird der erhöhte Arbeitsaufwand honoriert: Sie erhalten bis zum Vierfachen ihrer Aufsichtsratskollegen.

Durchschnittlich erhält ein deutscher Aufsichtsratsvorsitzender 2012 312.200 Euro, ergo rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr, ergab die Towers-Watson-Studie. Ein internationaler Vergleich ist nur bedingt möglich, da etwa in der Schweiz oder Großbritannien Single-Board-Systeme praktiziert werden, bei denen operative und nicht-operative Manager in einem Gremium sitzen. Ein nicht-exekutiver Verwaltungsratspräsident in der Schweiz erhält jedoch mit umgerechnet rund 1.821.000 Euro im Jahr deutlich mehr als ein deutscher Aufsichtsratschef. In Großbritannien liegt der Durchschnittslohn eines nicht-exekutiven Chairman immerhin bei umgerechnet 492.000 Euro.

Trend zum hauptberuflichen Aufsichtsrat?

Spitzenreiter in Deutschland in Sachen Gehalt ist 2012 – zum wiederholten Male und mit deutlichem Abstand – VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch mit stolzen 923.000 Euro. Den größten Gehaltszuwachs (91 Prozent) konnte sich Linde-CEO Wolfgang Reitzle beim unlängst in den Dax zurückgekehrten Reifenhersteller Conti sichern. Immerhin 339.500 Euro erhält er für seinen „Nebenjob“ als Conti-Aufsichtsratsvorsitzender. Allerdings konstatiert Towers Watson einen Trend zur zunehmenden Trennung von Exekutive und Aufsichtsrat in dem Sinne, dass die Aufsichtsratstätigkeit seltener als Nebentätigkeit zu einem Vorstandsjob ausgeübt wird und somit an Bedeutung gewinnt.

CFOs auf der Suche nach neuen Herausforderungen könnten also eine Aufsichtsratstätigkeit in Erwägung ziehen:  Die Bedeutung des Postens steigt ebenso wie das Gehalt. Laut der Unternehmensberatung Kienbaum werden im kommenden Jahr 78 Dax-Aufsichtsräte der Kapitalseite neu gewählt. Es dürfte mancher Finanzexperte darunter sein.

alina.bartscher[at]finance-magazin.de