Wie wird man Finanzvorstand eines Unternehmens? Diese Frage stellen sich viele ambitionierte Finanzer und denken dabei wohl eher an bestimmte Karrierestationen wie Leiter Controlling oder Leiter Finanzen, die das Sprungbrett zum CFO-Posten darstellen sollen.
Doch den Grundstein kann man bereits viel früher legen – nämlich im Studium, meint Thomas von Ciriacy-Wantrup von der Personalberatung Fricke Finance & Legal. Auch wenn das Studium im Laufe seiner Karriere weniger wichtig wird – „ob man CFO wird, hängt zu 20 Prozent von der Wahl des Studiums ab“, hat der Berater beobachtet.
BWL bleibt eine gute Wahl für angehende CFOs
Ein Blick in den CFO-Almanach FINANCE-Köpfe zeigt, dass ein Großteil der Finanzchefs BWL studiert hat. Und auch von Ciriacy-Wantrup hält BWL für eine gute Grundlage. Spezialisierte Studiengänge wie International Finance seien ebenso eine gute Wahl – den Kritikpunkt, dass man sich durch ein spezialisiertes Studium schon früh Türen zumache, hält er hingegen nicht für angemessen.
Rechnungslegung, Controlling und Wirtschaftsrecht: Diese Grundlagen werden meist im BWL-Studium vermittelt und sind in der Regel auch Teil des CFO-Aufgabengebiets. In den vergangenen Jahren ist aber das Thema IT immer stärker in den Vordergrund gerückt – Cyber Security oder Automatisierung im Accounting zählen inzwischen ebenfalls häufig zu den Aufgaben eines Finanzchefs.
FINANCE-Köpfe
Dass sich die Inhalte des BWL-Studiums an diese veränderten Aufgaben des CFOs anpassen, beobachtet der Personalberater allerdings nicht. So würden nicht etwa deutlich mehr Programmier-Kurse angeboten oder Kenntnisse zu IT und Datensicherheit vermittelt als früher, obwohl eine gewisse Affinität zu Technik mittlerweile im Job vorausgesetzt werde.
Ob ein Kandidat BWL an einer staatlichen oder privaten Uni studiert hat, mache grundsätzlich keinen großen Unterschied. „Ein Studium an einer renommierten Universität wie St. Gallen kann aber das letzte Quäntchen ausmachen“, sagt von Ciriacy-Wantrup. Zu den europäischen Universitäten, die im Bereich Wirtschaft und Finanzen einen besonders guten Ruf genießen, gehören laut dem Personalberater neben der Schweizer St. Gallen-Universität unter anderem auch die London Business School, die Mannheimer Universität und die Pariser Wirtschaftsschulen.
Ein exotisches Studienfach muss kein Hindernis sein
Auch wenn die große Mehrheit der heutigen CFOs ein wirtschaftsnahes Studium absolviert hat, so gibt es prominente Finanzchefs, die etwas völlig Fachfremdes studiert haben. So hat zum Beispiel James von Moltke, der Finanzchef der Deutschen Bank, Philosophie und Literatur studiert.
„Selbst ein studierter Kunsthistoriker hat unter Umständen die Chance, CFO zu werden“, sagt der Berater. Das „unter Umständen“ werde hierbei aber groß geschrieben. Die deutsche Finanzbranche sei im Vergleich mit ausländischen Kollegen bei der Rekrutierung von Berufseinsteigern nämlich nicht gerade für ihre Experimentierfreudigkeit bekannt.
FINANCE-Köpfe
Diese Tatsache ist auch verständlich: Selbst ein hoch motivierter und fähiger Kunsthistoriker, der sich durch Praktika im Controlling oder Treasury einen guten Einblick verschafft hat, birgt laut dem Personalberater eben ein größeres Risiko, nicht so qualifiziert zu sein wie ein Anwärter mit kaufmännischem Hintergrund.
Helfen könne es auch, Zwischenstationen in der Unternehmensberatung einzulegen. Gerade die Beratungsbranche schätzt von Ciriacy-Wantrup als einen offenen Geschäftszweig ein, in dem Leistung oft mehr zähle als ein bestimmter Abschluss. Der Einstieg in die Unternehmensberatung sei seiner Meinung nach auch gerade wegen seines hohen Anspruchs ein sehr anerkannter Job, der Türen öffnen könne – auch zum CFO-Posten.
Ein exotisches Studium ist das Eine – doch CFO werden ganz ohne Studium? Dass das geht, haben der aktuelle K+S-CFO Thorsten Boeckers sowie Noch-Bayer-CFO Johannes Dietsch gezeigt. Dietsch absolvierte 1984 eine Ausbildung zum Industriekaufmann und Wirtschaftsassistenten bei Bayer und arbeitete sich beharrlich hoch, bis er 2014 CFO wurde.
Boeckers schloss 1994 seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank ab und arbeitete sich über die Bereiche Aktienanalyse bei der Bank sowie Investorenkommunikation bei der Deutschen Post DHL Richtung CFO-Posten – bis er im Mai 2017 diese Position bei K+S erreichte. Diese und ähnliche Fälle hält Thomas von Ciriacy-Wantrup allerdings für Ausnahmen: „Heutzutage wird ein Studium in 99,9 Prozent der Fälle für Führungspositionen einfach vorausgesetzt.“
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.