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Mitarbeiter als Aktionäre

Bilfinger Berger legt ein Mitarbeiteraktienprogramm auf.
Bilfinger Berger

Bilfinger Berger legt ein Mitarbeiteraktienprogramm auf. Die Zeichnungsperiode des Programms läuft vom 26. September bis 26. Oktober 2012 teilte der Dienstleister für Industrie, Immobilien und Infrastruktur mit. Der Kaufpreis der Aktien ergibt sich aus dem Durchschnittskurs über die fünf Handelstage vor dem letzten Tag der Angebotsfrist. Auch der im Technologieindex TecDax notierte Familienkonzern Dräger will seine Beschäftigten ab 2013 über ein Mitarbeiteraktienprogramm am Unternehmen beteiligen und damit auch motivieren.

Klumpenrisiko für den Mitarbeiter

„Das Programm zielt auf verstärkte Bindung und Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen“, sagt Stephan Brückner, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats von Bilfinger Berger. Darüber hinaus nehmen die Mitarbeiter am Erfolg – und am Misserfolg – des Unternehmens teil. Auch Dirk Filbert, Partner bei der Unternehmensberatung Hostettler, Kramarsch & Partner (hkp), bewertet solche Mitarbeiteraktienprogramme als positiv. „Für die Belegschaft ist es interessant, sich an solchen Mitarbeiteraktienprogrammen zu beteiligen, da sie darüber Vermögen aufbauen können. Es ist eine Art von Altersvorsorge und ein Weg, Mitarbeiter wie Führungskräfte stärker an das Unternehmen zu binden.“ Allerdings dürfe dabei nicht vergessen werden, dass es sich auch um ein Aktieninvestment mit allen Risiken, die solch eine Investition mit sich bringt, handelt. „Es ist für Mitarbeiter unter Umständen auch ein Klumpenrisiko vorhanden, da Arbeitsplatz, Altersvorsorge und das Aktieninvestment an sich davon betroffen sind“, sagt Filbert. Allerdings wird durch die vergünstigten Zuzahlungen oder Gratisaktien des Unternehmens ein Risiko-Puffer geschaffen.

Auch wenn ein solches Programm zweifelsohne Vorteile für die Mitarbeiter hat, aus CFO-Sicht ist es nicht selbstverständlich, solch ein Aktienprogramm auf die Beine zu stellen. Die Administration und interne Verwaltung kosten viel Geld und sind mit einem enormen Aufwand verbunden. „Doch das nehmen die Firmen zunehmend in Kauf“, sagt Filbert. „Sie wollen eine Aktienkultur im gesamten Unternehmen schaffen, nicht nur im Vorstand und bei den Führungskräften.“ Der Grund: In Aktien des eigenen Unternehmens investierte Mitarbeiter sind loyaler und motivierter und sie bilden darüber hinaus eine sehr stabile Aktionärsgruppe. Das ist auch für die Finanzchefs eine wichtige Basis für künftige Planungen. Denn er muss aufgrund einer geringeren Fluktuation beispielsweise weniger Geld für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter einplanen.

Hinzu kommt, dass Mitarbeiteraktien ein Teil der variablen Vergütung darstellen. Durch solche Programme kommen sie also nicht nur CEO, CFO, COO oder einem Teil der Führungskräfte, sondern der gesamten Belegschaft zugute.

Finanzchefs in der DACH-Region schätzen Mitarbeiterprogramme

Mitarbeiteraktienprogramme sind nicht neu. Gerade in den Vereinigten Staaten sind solche Programme, insbesondere Aktienoptionsprogramme, weit verbreitet. Auch in Europa, gerade in Großbritannien und Frankreich, haben bereits viele Unternehmen solche Programme umgesetzt. Im deutschsprachigen Raum lässt sich das sogar mit Zahlen untermauern: Gut jedes zweite Unternehmen aus den großen Börsenindizes in Deutschland, Österreich und der Schweiz bot ihren Mitarbeitern zwischen 2009 und 2011 in mindestens einem Jahr den vergünstigten Kauf von Belegschaftsaktien an. Diese Offerten standen in der Regel allen Beschäftigten offen, nicht nur Führungskräften. Zu diesem Ergebnis kam die Studie „Aktienbasierte Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland, Österreich und der  Schweiz“, die das GEO DACH Chapter und das F.A.Z.-Institut gemeinsam im Herbst vergangenen Jahres herausgeben haben. Demnach boten bereits im vergangenen Jahr 14 von 20 Unternehmen im Schweizer SMI, 18 der 30 DAX-Konzerne und 22 der 50 MDAX-Konzerne solche Programme an.

Unternehmen haben zwei Aktienmodelle zur Auswahl

Dabei sind grundsätzlich zwei Modelle zu unterscheiden: das Discount- und das Matchingmodell. Bei ersteren können die Mitarbeiter  die Unternehmensaktien mit einem Abschlag auf den Börsenwert erwerben. Beim Matchingmodell belohnt der Arbeitgeber die Aktieninvestments der Mitarbeiter mit zusätzlichen Matchingaktien. Bilfinger Berger bietet zum Start des Programms jedem berechtigten Mitarbeiter fünf Aktienpakete, die jeweils aus vier Aktien und einer kostenlosen Bonusaktie bestehen, zum Kauf an. Hält der Käufer die Aktien über die vorgesehene Frist von sechs Jahren, so erhält er nach zwei, vier und sechs Jahren pro Paket jeweils eine weitere kostenlose Bonusaktie. Nach sechs Jahren ist jedes Paket dann auf insgesamt acht Aktien angewachsen.

Das Programm wird zunächst für die Mitarbeiter in Deutschland aufgelegt und soll Schritt für Schritt auf die Belegschaft im Ausland erweitert werden, heißt es seitens Bilfinger Bergers. Das Besondere an diesem Mitarbeiteraktienprogramm ist zudem, dass zur gebündelten Vertretung der Mitarbeiter auf der Hauptversammlung ein Verein gegründet wurde. „Dabei wird ein in Deutschland bisher einzigartiges Konzept umgesetzt, mit dem die Mitarbeiteraktionäre ihre Interessen auf der Hauptversammlung gezielt vertreten können“, sagt Stephan Brückner, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats von Bilfinger Berger. So bekommen die Mitarbeiter als Aktionäre eine noch stärkere Stimme und die Vorstandsetage sichert sich eine stabile Aktionärsgruppe und unternehmerisch denkende Mitarbeiter. Das wird den CFO freuen, trotz aller Kosten.

sabine.paulus[at]finance-magazin.de

Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.