Herr Busch, die optimale Aufstellung für ein lokales Finanzmanagement in China und Indien ist ein Team aus lokalen Managern und Expats. Ist es für CFOs schwierig, die passenden Kandidaten vor Ort zu finden?
Mitunter findet man gute Kandidaten ganz in der Nähe. In Deutschland leben rund 10.000 akademische Chinesen, die sehr gut ausgebildet und motiviert sind. Diese bikulturellen Kandidaten wollen sehr oft in die Heimat zurück, weil die Eltern alt werden. Hinzu kommt, dass Chinesen nach wie vor in China bessere Karrierechancen haben als in Deutschland. Das gilt gerade für Frauen. Suchen Unternehmen in China selbst, sollten sie allerdings darauf achten, dass das, was in der Bewerbung steht, auch stimmt. Gefälschte Bewerbungsunterlagen in China sind durchaus gängig.
Wie sollten deutsche Unternehmen vorgehen, wenn sie ein Finanzmanagement in verschiedenen Ländern Asiens aufbauen wollen?
Wenn die Unternehmen Zeit haben und es sich leisten können, einen externen Kandidaten zu suchen, sollten sie immer einen bikulturellen Kandidaten wählen, da dieser in beiden Kulturen zuhause ist. Ohne Vertrauen geht im lokalen Finanzmanagement in Asien nichts. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Doppelbesetzungen gemacht. Entweder wird ein deutscher CFO durch einen bikulturellen Deputy unterstützt, oder ein chinesischer bzw. indischer CFO arbeitet mit einem jüngeren Expat zusammen, der seinen Chef in das Netzwerk des Unternehmens einbindet.
Gerade chinesische Manager stehen in dem Ruf, nicht sehr loyal gegenüber ihren Arbeitgebern zu sein. Wie sieht es in Indien aus?
Es stimmt, dass viele deutsche Unternehmen sich sorgen, ihre lokalen Finanzmanager nicht halten zu können. Das ist auch verständlich, ist doch die Weiterentwicklung aus der CFO-Position einer Landesgesellschaft nur sehr begrenzt möglich. Unternehmen sind gefordert, ihren lokalen CFOs alle zwei bis drei Jahre neue Karrierechancen, beispielsweise in anderen Ländern, zu bieten. In China sind die Mitarbeiter eher auf den unteren Ebenen schnell wieder weg. Auf der Führungsebene können Unternehmen durch entsprechende Vertragsgestaltung und Weiterentwicklung die Mitarbeiter sehr gut an sich binden. Das sieht in Indien wiederum komplett anders aus. Da die indischen Führungskräfte sehr gut englisch sprechen, wechseln sie oft nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch das Land, und suchen in den USA oder in Großbritannien neue Herausforderungen.
Über welche Kanäle werden Führungskräften im Finanzmanagement in Indien und in China gesucht?
Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den beiden Ländern. In China läuft sehr viel über die direkte Ansprache der Kandidaten via Telefon. Social-Media-Kanäle im Reich der Mitte spielen nur eine sehr geringe Rolle, da die Seiten lokal aufgestellt sind. In Indien suchen die Unternehmen verstärkt über Online-Anzeigen, was in der Regel eine Flut von Bewerbungen nach sich zieht.
Dennoch unterscheidet sich der chinesische Arbeitsmarkt allein bei der Anzahl an Arbeitskräften erheblich vom indischen.
Das ist richtig. Der indische Arbeitsmarkt ist noch deutlich unreifer als der chinesische. Hinzu kommt die Tatsache, dass in China die Anzahl an Arbeitskräften aufgrund der alten Gesellschaft und der Ein-Kind-Politik netto sinkt, aber die chinesische Wirtschaft um 6 bis 8 Prozent wächst. In Indien sind wir von solchen Entwicklungen weit entfernt: Die Zahl der Arbeitskräfte wächst stark, aber die Wirtschaft nur langsam. Nur die wirklich Top Qualifizierten sind auch dort knapp.
Was können Sie CFOs, die Tochtergesellschaften in Indien oder China haben, raten?
Die Finanzchefs deutscher Unternehmen sollten die Beziehung zu ihrem lokalen Finanzmanagement pflegen. Der Glaube, man zeigt Vertrauen zu den CFOs der Tochtergesellschaften, indem man nur einmal im Jahr vorbeikommt, ist total falsch. Es ist das größte Missverständnis.
Info
Tobias Busch ist Geschäftsführer und Gründer der auf China spezialisierten Personalberatung PersonalGlobal. Er hat viele Jahre in Asien gelebt. Von 2006 bis 2007 war er in leitender Position bei Volkswagen India, zuvor hatte er viele Jahre die personelle Gesamtverantwortung für das weltweite Top Management der Volkswagen Group. Von 1995 bis 1997 arbeitete Busch bei Siemens Nixdorf Asia Pacific in Hongkong als Director im Bereich Finanzen und Controlling.
Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.