Bilfinger-CFO Christina Johansson bekommt vorübergehend eine Beförderung: Sie übernimmt die CEO-Aufgaben von Tom Blades, der den Industriedienstleister überraschend verlässt. Wie Bilfinger am Dienstagabend mitteilte, will sich der britische Vorstandschef aus persönlichen Gründen zurückziehen. Zudem wollte der 64-Jährige seinen im Juni auslaufenden Vertrag angesichts seines Alters ohnehin nicht verlängern, heißt es.
Blades zieht sich allerdings mit sofortiger Wirkung aus dem Tagesgeschäft zurück, und nicht erst Ende Juni. Die Schwedin Johansson „übernimmt interimsweise die Aufgaben der Vorstandsvorsitzenden und Arbeitsdirektorin unter Beibehaltung ihrer derzeitigen Funktionen“, heißt es in der Mitteilung. Im Sinne eines reibungslosen Übergangs will Blades den Mannheimern weiterhin unterstützend zur Verfügung stehen. Der Aufsichtsrat will sich in den nächsten Monaten mit einer langfristigen Nachfolgelösung beschäftigen.
Christina Johansson seit 2018 bei Bilfinger
Johansson hat seit 1996 verschiedene Führungspositionen in der Schweiz besetzt und kann bereits auf etwas CEO-Erfahrung zurückgreifen, zumindest als Stellvertreter. Sie war zwei Jahre lang CFO des Service-Dienstleisters SR Technics, wo sie auch stellvertretende CEO war. Davor war sie unter anderem CFO und stellvertretende CEO bei dem Energieversorger Zeag.
Von 2016 bis 2017 leitete sie die Finanzen des Schweizer Maschinenbaukonzerns Bucher Industries, bevor es sie im Dezember 2018 nach Deutschland zu Bilfinger zog. Johansson wechselte in einer turbulenten Zeit zu den Mannheimern. Sie folgte auf Klaus Patzak und wurde damit der dritte CFO in drei Jahren. Die Schwedin sollte damals nach schwierigen Jahren die Auf- und Ausbauphase des Unternehmens mit vorantreiben.
CD & R hat wohl Interesse an Bilfinger
Sie könnte nun in einer entscheidenden Phase an der Spitze stehen – auf Bilfinger scheinen es derzeit mehrere Finanzinvestoren abgesehen zu haben, wie bereits seit Monaten zu hören ist. Unter anderem soll das Private-Equity-Haus Clayton Dubilier & Rice (CD & R) ein Auge auf die Mannheimer geworfen haben. Laut der Nachrichtenagentur „Reuters“ soll Bilfinger bereits die Bank Perella Weinberg als Berater mandatiert haben. Der bisherige CEO Blades hatte im November zwar betont, dass „Bilfinger sich nicht zum Verkauf stellt“, dennoch brodeln die Gerüchte immer wieder hoch und treiben den in gebeutelten Kurs der Mannheimer seit dem Herbst an. Die Personalie Blades sorgte heute allerdings für eine Delle, der Kurs sackte rund 2 Prozent ab.
FINANCE-Köpfe
Neuen Schwung könnte das Übernahmefieber zudem durch eine andere Transaktion erhalten haben. Der Private-Equity-Investor EQT verkaufte im Dezember den Immobiliendienstleister Apleona an das PE-Haus PAI. Apleona ist wiederum eine Ex-Tochter von Bilfinger, an der die Mannheimer immer noch ein Minderheitspaket mit Erlösbeteiligung über 49 Prozent hielten. Die frischen Mittel aus dem Deal, die an Bilfinger fließen, könnten das Unternehmen für mögliche Käufer noch interessanter machen. Hinzu kommt, dass die Mannheimer sich im vergangenen Jahr von weiteren Altlasten befreit haben, und Streitigkeiten mit ehemaligen Vorständen sowie mit der Stadt Köln mit Vergleichen beigelegt haben.
Bilfinger leidet unter Corona-Pandemie
Bilfinger kämpft jedoch weiterhin mit den Folgen der Corona-Pandemie. Das Coronavirus und der Ölpreisverfall machen Bilfinger zu schaffen, auch wenn der Konzern im dritten Quartal eine Erholung im Vergleich zu den vorherigen Monaten verzeichnete. Bilfinger rechnet mit einem um 20 Prozent geringeren Umsatz im Jahr 2020 und einem negativen Konzernergebnis. Die Talsohle durch die Pandemie sieht der Konzern aber erreicht. In diesem Jahr sollen sich Umsatz und Ergebnis wieder „deutlich verbessern“, teilten die Mannheimer ebenfalls am Dienstagabend mit.
Info
Alles über die CFO und Interims-CEO finden Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Christina Johansson.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.