Der CEO des Kabelspezialisten Leoni, Dieter Bellé, gibt seinen Posten zum 31. Januar kommenden Jahres vorzeitig auf, wie das Unternehmen am gestrigen Abend mitteilte. Der 61-jährige Langzeit-Finanzchef von Leoni – 2008 von FINANCE als „CFO des Jahres“ ausgezeichnet – wurde Mitte 2015 zum Vorstandsvorsitzenden berufen und führte beide Ämter zunächst in Personalunion.
Zu seiner Entlastung wurde im Mai vergangenen Jahres nach langer Suche Karl Gadesmann als neuer Finanzchef verpflichtet. Ein Leoni-Sprecher begründete gegenüber der Nachrichtenagentur dpa Bellés Rückzug mit persönlichen Gründen: „Die letzten Jahre waren mit erheblichen Anstrengungen verbunden, insbesondere für ihn persönlich. Sie haben ihn viel Kraft gekostet.“
Leoni braucht neuen CEO wegen Digitalisierung
Leoni-Aufsichtsratschef Klaus Probst dankte Bellé für seine Arbeit und betonte, dass Leoni angesichts der Digitalisierung nun vor weiteren Herausforderungen stehe. „Ein neuer CEO kann diese neue Ära langfristig treiben und steuern“, sagte er gegenüber dpa.
Der neue CEO soll kurzfristig bestimmt werden. Die Analysten der NordLB spekulieren, dass ein Nachfolger sogar schon bereitsteht. Trotzdem empfiehlt die Landesbank den Verkauf der Leoni-Aktie, da ein überraschendes Ausscheiden eines CEO „nie ein gutes Zeichen“ sei. Der Aktienmarkt reagierte jedoch relativ gelassen. Die Leoni Aktie gab lediglich um knapp 1 Prozent nach.
Dieter Bellé hat eine turbulente Amtszeit hinter sich
Bellés lange Zeit tadelloser Ruf hat seit seiner Beförderung zum CEO im Jahr 2015 gelitten. Das Umsatzziel für 2016 von 5 Milliarden Euro wurde deutlich verfehlt, Managementfehler belasteten die Kernsparte „Wiring Systems“. Ein Jahr später erschütterte ein „Fake-President“-Angriff den Nürnberger Industriekonzern: Hacker erbeuteten 40 Millionen Euro – ein beispielloser Schaden in der deutschen Industrielandschaft.
Diese Rückschläge spiegelten sich auch am Aktienkurs wider. Als Bellé zum CEO aufstieg, lag dieser bei knapp 60 Euro. Bis Mitte 2016 rutschte das Papier dann aber auf 25 Euro ab. Zuletzt gelang Leoni aber die Trendwende, und der Aktienkurs nähert sich wieder seinen früheren Höchstständen. Die Ebit-Prognose für 2017 konnte Bellé kürzlich leicht um 10 Millionen Euro anheben.
Leoni ist ein wichtiger Zulieferer der Automobilindustrie und beschäftigt weltweit 82.000 Mitarbeiter in 31 Ländern. Das MDax-Unternehmen ist auf Produkte rund um das automobile Bordnetz spezialisiert. Zu den Produkten gehören Drähte, optische Fasern, Kabel und Kabelsysteme.