Der Machtkampf aus dem vergangenen Jahr zieht weitere personelle Konsequenzen bei Francotyp-Postalia (FP) nach sich: Nun verlässt auch Digital- und Operations-Chef Sven Meise den Berliner Maschinenbauer. Er hatte sich bis zuletzt an die Seite von Ex-CEO und CFO Rüdiger Andreas Günther gestellt, der auf Betreiben des Großaktionärs Rolf Elgeti hin im November abberufen worden war.

Francotyp-Postalia
Francotyp präsentiert Günther-Nachfolger
Meise war sechs Jahre lang Vorstand bei FP und unter anderem für das Softwaregeschäft verantwortlich. Dieses konnte die Wachstumserwartungen der Gesellschafter in den vergangenen Jahren jedoch nicht erfüllen. Auch infolgedessen hievte der Aufsichtsrat im vergangenen Jahr den Dänen Carsten Lind, einen Mann mit Private-Equity-Vergangenheit, in einer kuriosen Aktion als designierten CEO in den Vorstand – und das schon zu einem Zeitpunkt, zu dem der damalige Chef Günther noch verbissen um sein Amt kämpfte.
FINANCE-Köpfe
Neu-CFO Martin Geisel kommt von ISS
Der nun initiierte Vorstandsumbau führt aber nicht nur zum Abschied von COO Meise, sondern auch dazu, dass Francotyp-Postalia erstmals seit vielen Jahren wieder einen dezidierten CFO in den Vorstand beruft. Der erfahrene Finanzer Günther – unter anderem Ex-CFO von Jenoptik und Claas – hatte von Anfang 2016 bis Ende 2020 die Finanzabteilung zusätzlich zu seinen Aufgaben als Vorstandschef mit geleitet.
Neuer CFO des Maschinenbauers wird nun Martin Geisel. Der 1960 geborene Diplom-Kaufmann war die vergangenen elf Jahre Finanzchef bei ISS Facility Services, einem Gebäudedienstleister mit Sitz in Düsseldorf, der über 12.000 Mitarbeiter beschäftigt und eine Tochter des dänischen ISS-Konzerns ist. Davor war Geisel zwölf Jahre lang Finanzmanager bei dem US-amerikanischen Mischkonzern Danaher, der ihn während dieser Zeit unter anderem als Finanzchef zu dem Mittelständler Leica Microsystems entsandt hatte.
Börse blickt skeptisch auf Francotyp
Eine von Geisels Hauptaufgaben dürfte es sein, den Ruf von Francotyp-Postalia am Kapitalmarkt wieder aufzubessern. Das Renommée hat erkennbar unter der konfliktreichen und undurchsichtigen Ablösung von Ex-Chef Günther gelitten. Während die Börsen in den zurückliegenden drei Jahren neue Rekordmarken erreichten und viele Aktienkurse sich längst wieder von dem Corona-Einbruch erholt haben, bewegt sich die FP-Aktie seit Jahren in einem hartnäckigen Seitwärtstrend mit leichter Abwärtstendenz.
Zudem hat Neu-CEO Lind organisatorische und strategische Veränderungen angekündigt: Er will Francotyp-Postalia effizienter machen, die Kosten drücken und gleichzeitig den Umsatzanteil des Softwaregeschäfts aufbauen. Im Umfeld des Unternehmens und seiner Aktionäre kursiert zudem die These, dass der Ex-Finanzinvestor Lind planen könnte, den FP-Konzern zu zerschlagen und entweder die Zukunftsgeschäftsfelder rund um Software und IoT oder das Cashflow-starke, aber unter Druck stehende Stammgeschäft mit Frankiermaschinen zu verkaufen.
michael.hedtstueck[at]finance-magazin.de