Der langjährige Mann+Hummel-Finanzchef Frank Jehle übernimmt zum 1. September den CFO-Posten der Benteler Gruppe. Der Autozulieferer muss mitten in einer Restrukturierung seinen CFO wechseln: Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Vorgänger Guido Huppertz, seit 20 Jahren bei Benteler und seit 2017 im Vorstand, das kriselnde Unternehmen verlassen hat. Offiziell wurden persönliche Gründe für seinen Rückzug genannt. Einem Bericht des „Manager Magazin“ zufolge sollen Gläubiger auf einen CFO-Wechsel gedrängt haben.
Jehle übernimmt von September an die Bereiche Finance und Controlling, Recht und Versicherungen, Internal Audit sowie Steuern. Er kehrt damit nach rund vier Jahren wieder in eine operative CFO-Rolle zurück. Zuletzt war Jehle den Angaben in seinem Linkedin-Profil zufolge in verschiedenen Aufsichtsgremien aktiv und war zudem Senior Managing Director bei der Beteiligungsgesellschaft Cranemere, für die er das Europageschäft verantwortete.
CFO Jehle kehrt zu Automotive zurück
Das Engagement bei Benteler bedeutet für den CFO die Rückkehr in eine Branche, die er von seiner vorherigen Station gut kennt. Von 2005 an war Jehle mehr als zehn Jahre lang für den schwäbischen Automobilzulieferer Mann+Hummel tätig und durchlebte bei dem Ludwigsburger Unternehmen auch die turbulente Phase nach der Lehman-Pleite. Das Finanzressort übergab er 2015 an Emese Weissenbacher.
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Zuvor arbeitete er mehrere Jahre für den Autobauer Ford, am Ende als Finanzdirektor und Mitglied des Vorstands in der Region Benelux, Schweiz und Österreich. Bei Benteler wird er im Vorstand mit CEO Ralf Göttel und CRO Arno Haselhorst zusammenarbeiten. Dass mit Haselhorst seit Mitte Juni ein Sanierer mit an Bord ist, zeigt, wie sehr die Branchenkrise auch Benteler erfasst hat.
Bei Benteler wird Jehle von Beginn an in der Krisenbewältigung eingespannt sein. Er wolle sich „mit aller Kraft“ dafür einsetzen, das Unternehmen durch diese „herausfordernde Zeit“ zu leisten, lässt er sich zitieren. Mit „herausfordernd“ ist die Situation noch optimistisch umschrieben – die Automotive-Branche hatte schon vor der Coronavirus-Pandemie zu kämpfen. Die Krise hat die Situation nun in vielen Unternehmen dramatisch verschärft, die Zahl der Automotive-Insolvenzen ist im Frühjahr rasant gestiegen.
Benteler steckt mitten in der Restrukturierung
Auch Benteler steckt in einer Umbruchphase. Bereits vor zwei Jahren hatte der Zulieferer eine Transformation angestoßen, um profitabler zu werden. Auf dem Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2019 einen Umsatz von rund 7,7 Milliarden Euro erzielt hat, sollen fast 2 Milliarden Euro Schulden lasten. Ein dreistelliger Millionenbetrag entfällt dabei auf schwer zu restrukturierende Schuldscheine.
Verschärfend kommt hinzu: Der Zugang zu Hilfsprogrammen der KfW ist für Benteler nahezu versperrt. Das Familienunternehmen hängt aus steuerlichen Gründen unter einer Holding mit Sitz im österreichischen Salzburg. Dies wirkte sich negativ auf die Bereitschaft der Verantwortlichen aus, Benteler nun Zugang zu deutschen Staatshilfen zu gewähren. Das Unternehmen seinerseits argumentiert damit, dass sich eine nennenswerte Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland befinde.
Benteler sagte dazu, man sei sich sicher, die Voraussetzungen für einen KfW-Kredit zu erfüllen, eine offizielle Beantragung werde derzeit aber nicht aktiv verfolgt. Über einen Antrag werde erst entschieden, wenn das Refinanzierungskonzept des Unternehmens stehe. Dies soll im vierten Quartal 2020 der Fall sein.
Diese angespannte Lage trägt wohl auch dazu bei, dass die Gläubiger stark mitreden wollen. Medienberichten zufolge sollen die finanzierenden Banken von Benteler auch bei der CFO-Nachfolge Mitsprache eingefordert haben. Offenbar trauen sie dem branchenerfahrenen Jehle die heikle Neuausrichtung zu.
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Mehr über den Werdegang des neuen Benteler-Finanzchefs lesen Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Frank Jehle.