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Grammer-Chefs ziehen goldenen Fallschirm

Der Autozulieferer Grammer verliert gleich drei Vorstandsmitglieder zur selben Zeit – und muss damit den gesamten Vorstand neu besetzen.
Grammer

Nicht ein, nicht zwei, sondern gleich drei Vorstandsmitglieder wollen den Autozulieferer Grammer verlassen. Damit steht den Oberpfälzern ein Wechsel der gesamten Führungsriege bevor. Sowohl Vorstandschef Hartmut Müller als auch Finanzvorstand Gérard Cordonnier und Technikvorstand Manfred Pretscher wollen ihr Amt niederlegen, was das Unternehmen mit Sitz in Amberg gestern Abend verkündete.

Kurzfristig droht Grammer keine Führungslücke

Aufsichtsratschef Klaus Probst hat mit der Suche nach neuen Vorständen bereits begonnen. Eine akute Führungskrise droht Grammer jedoch nicht, da alle drei Top-Manager zugesagt haben, bis auf weiteres noch an Bord zu bleiben. Wie das Research-Haus Oddo schreibt, gilt diese Zusage bis Ende des Jahres.

Laut Oddo nutzen alle drei Manager ihr Sonderkündigungsrecht für den Fall eines Eigentümerwechsels. Diese Change-of-Control-Klausel greift, weil der chinesische Großaktionär Ningbo Jifeng seit einem erfolgreichen Übernahmeangebot im August 84 Prozent der Grammer-Aktien kontrolliert. Bei Change-of-Control-Klauseln winken den Vorständen, die sie ziehen, in der Regel hohe Abfindungszahlungen. Nach Recherchen der FAZ können die Grammer-Vorstände drei Jahresgehälter als Abfindung erwarten.

CEO Hartmut Müller kam bereits 2007 als Vorstandsmitglied zu Grammer und übernahm 2010 den Vorstandsvorsitz. Seit 2015 ist Gérard Cordonnier CFO des Autozulieferers. Manfred Pretscher ist seit 2010 Technikvorstand. 

Grammer wollte eigentlich wieder nach vorne schauen

Der tiefe Einschnitt im Management war in dieser Form nicht abzusehen, hatte das Management mit der Übernahme durch Ningbo Jifeng doch sein großes Ziel erreicht, die drohende Übernahme durch die umstrittene Investorenfamilie Hastor abzuwenden. Der chinesische Industriekonzern hatte auch die Hastor-Anteile aufgekauft.

Noch vor wenigen Wochen hatte Grammer-Chef Müller in einem großen Interview mit der FAZ optimistisch nach vorne geschaut. Er lobte die mit dem neuen Eigentümer ausgehandelte Investorenvereinbarung, in deren Rahmen die Chinesen weitreichende Zusagen machten und darauf verzichteten, ihren dominierenden Einfluss auf Grammer auch tatsächlich geltend zu machen. So wurden feste Vereinbarungen zu Arbeitsplätzen, Standorten, Patenten und Marken ausgehandelt. Zudem sagte Ningbo Jifeng zu, Grammer nicht zu zerschlagen, die Aktie nicht von der Börse zu nehmen und nur zwei von zwölf Aufsichtsratsposten zu beanspruchen.

Kriselt es zwischen CEO Müller und Ningbo Jifeng?

Die Analysten von Oddo setzen nun ein Fragezeichen hinter das öffentlich zur Schau gestellte gute Verhältnis zwischen der Grammer-Führung und den Chinesen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Investorenvereinbarung verändert wird, ist gestiegen“, urteilt Oddo. Ningbo Jifeng hat hingegen vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse nochmals bekräftigt, zu den gemachten Zusagen stehen zu wollen.

Auch eine Aussage Müllers in der ausführlichen Mitteilung zu seinem Ausscheiden lässt auf Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Parteien schließen: „Mit meinem Rücktritt gebe ich Aufsichtsrat und Großaktionär die Möglichkeit, grundsätzliche Entscheidungen über die künftige Ausrichtung des Unternehmens unabhängig von meiner Person zu diskutieren und damit notwendige Weichenstellungen einzuleiten.“

ann-sophie.crecelius[at]finance-magazin.de