Teamwork statt Neu-CFO: Die Deutsche Lufthansa hat sich entschieden, die Aufgaben des überraschend ausgeschiedenen Finanzchefs Ulrik Svensson auf die verbliebenen Vorstandsmitglieder zu verteilen. „Im Aufsichtsrat sind wir heute zu dem Schluss gekommen, dass dieser Moment nicht der richtige ist, einen neuen Finanzvorstand zu berufen. Wir setzen daher für die nächste Zeit auf eine interne Teamlösung, mit der wir die Kompetenz und Erfahrungen der amtierenden Vorstandsmitglieder sowie die Fachkenntnisse unserer Führungskräfte nutzen“, teilte die Fluggesellschaft mit.
Der Dax-Konzern gab sich zuversichtlich, so die „notwendigen Weichenstellungen zur Bewältigung der Krise“ zügig vorzunehmen. Der bisherige Finanzchef Ulrich Svensson war Anfang dieser Woche aus gesundheitlichen Gründen unerwartet zurückgetreten. Man wolle „zeitnah über eine Nachfolgelösung entscheiden“, hieß es damals.
So verteilt die Lufthansa die CFO-Aufgaben
Der Vorstand wird von sieben auf sechs Personen verkleinert. Im Detail sieht die neue Aufgabenverteilung wie folgt aus: Wesentliche Teile des Finanzressorts sollen auf das Ressort „IT, Digital und Innovation“ von Leiter Thorsten Dirks übergehen. Aufgrund dessen wird es den neuen Namen „Digital und Finanzwesen“ erhalten. Der innerhalb des Ressorts agierende Wilken Bormann, bislang verantwortlich für das Lufthansa Drehkreuz München, wird nun zusätzlich die Bereiche Rechnungswesen und Bilanzen, Steuern und Corporate Finance übernehmen. Jörg Beißel bleibt für Controlling und Risikomanagement zuständig.
Michael Niggemann wird neben „Personal und Recht“ nun auch den M&A-Bereich führen. Der für den neuen Bereich zuständige William Willms wird ihm dafür unterstehen. Christina Foerster wird sich neben ihrem eigentlichen Bereich Customer & Corporate Responsibility nun auch um den Einkauf der Fluggesellschaft kümmern. Zudem entlastet sie das von Niggemann „stark geforderte Personalressort“ indem sie auch die Verantwortung für die Beiche „HR Management & People Development“ übernimmt, hieß es in der Unternehmensmitteilung.
FINANCE-Köpfe
Der für „Airline Resources & Operations Standards“ zuständige Detlef Kayser übernimmt das strukturelle Krisenmanagement, während sich Lufthansa-CEO Carsten Spohr zukünftig auch um die Investor Relations kümmern wird. Dieser gab sich zuversichtlich: „In dieser Struktur werden wir trotz aller Herausforderungen die Krise bewältigen“, so der Chef der Kranich-Airline.
Spohr: „Finanzen sind aktuell wichtiger als jemals zuvor“
Zwischen all den neuen Personalien fand Aufsichtsrats-Chef Karl-Ludwig Kley noch Zeit, die Arbeit von Ulrik Svensson zu würdigen, der „in den vergangenen drei Jahren Hervorragendes für die Lufthansa Group geleistet“ habe. Er bedauerte das Ausscheiden des Schweden sehr, dankte ihm für „seine erfolgreiche Arbeit“ für die Lufthansa und wünschte ihm baldige Genesung. In der Mitteilung zum Weggang des CFOs Anfang der Woche fanden sich noch keinerlei Dankesworte.
FINANCE-Themenseite
Dass ausgerechnet jetzt kein dezidiertes Vorstandsmitglied alleine für Finanzen zuständig ist, trifft den Konzern zu einer Unzeit. Die Verantwortung für die Finanzen sei „aktuell wichtiger ist als jemals zuvor“, sagt Spohr selbst in der Unternehmensmitteilung. Nun muss das neue Team gemeinsam die finanziellen Herausforderungen der geplanten Restrukturierungen umsetzen.
Corona setzt Lufthansa massiv zu
Das Coronavirus hat die Airline in eine große Krise gestürzt. So hatte der Luftfahrtkonzern jüngst seine Tochter Germanwings mit 30 Flugzeugen und 1500 Mitarbeitern aufgelöst. Auch bei der Eurowings wurde beim Kurzstrecken-Geschäft der Rotstift angesetzt, das Langstreckengeschäft soll folgen. Bei den ausländischen Töchtern Austrian Airlines und Brussels Airline soll die bereits angelaufenen Restrukturierung „nochmals verschärft“ werden.
Auch die Mutter selbst will ihre vorhandene Flotte verkleinern und wirtschaftlich unrentable Flugzeuge stilllegen. Die Unternehmensführung begründete dies mit einem pessimistischen Blick auf das allgemeine Fluggeschäft, dessen Nachfrage Jahre brauche um wieder das Vorkrisen-Niveau zu erreichen.
„In Summe verlieren wir daher jede Stunde eine Million Euro unserer Liquiditätsreserve – Tag und Nacht, Woche für Woche und wohl auch noch Monat für Monat“, sagte Spohr offenbar kürzlich in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter, die der Dpa vorliegt.
Info
Mehr über die Karriere des ausgeschiedenen Lufthansa-CFO lesen Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Ulrik Svensson.
Welche Spuren die Coronakrise in der Corporate-Finance-Welt hinterlässt, erfahren Sie auf unserer Themenseite zum Coronavirus.
Gewinnwarnungen, ein Streik nach dem nächsten, ein groß angelegter Konzernumbau – und jetzt auch noch das Coronavirus: Die Lufthansa ist im Krisenmodus. Wie die größte deutsche Airline um die Wende ringt, lesen Sie auf unserer neuen Themenseite zur Lufthansa.