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Provinz-Posse um geschassten Krankenhaus-CFO

Trübe Stimmung in Rothenburg ob der Tauber. Auch hier betreibt die Klinikgruppe Anregiomed, die sich gerade durch eine obskure Personalaffäre kämpft, ein Krankenhaus.
JSSIII/iStock/Thinkstock/Getty Images

Für den Klinikverbund Anregiomed im bayerischen Landkreis Ansbach war es alles andere als ein einfacher Jahreswechsel. Alles fing damit an, dass die Klinik-Chefin Claudia B. Conrad kurz vor Jahresende den Finanzdirektor der hochverschuldeten Klinikgruppe feuerte. Joachim Reinhardt wäre nicht der erste CFO, der wegen dauerhaft schlechter Zahlen seinen Job verliert. Doch in Ansbach ist die Lage komplizierter.

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat sich das Blatt nach einer zwölfstündigen Krisensitzung des Verwaltungsrats nämlich wieder gewendet: Die Klinik-Chefin wurde selbst aus dem Amt entfernt, der Finanzdirektor Reinhardt hat seinen Job zurück – und leitet nun sogar das operative Geschäft des Krankenhauses gemeinsam mit einem Kollegen kommissarisch.

Rauswurf wird Klinik-Chefin zum Verhängnis

Grund für die abrupte Kehrtwende sind die Eigentümer der Klinikgruppe, der Landkreis und die Stadt Ansbach. Mit denen hatte Claudia B. Conrad ihre Entscheidung Berichten zufolge nicht abgestimmt. Ob sie damit ihre Kompetenzen überschritten hat, ist unklar. Besonders pikant allerdings: Laut der „Süddeutschen Zeitung“ ist CFO Reinhardt als schwerbehindert eingestuft. In solchen Fällen sind die Regeln für eine Entlassung besonders streng.

Doch damit ist die Personalaffäre in Ansbach noch längst nicht beendet. Zum einen hat Ex-Chefin Conrad das Unternehmen nicht verlassen, sie wurde lediglich degradiert. Das habe finanzielle Gründe, heißt es in dem Bericht. Die mit mehr als 100 Millionen Euro verschuldete Klinikgruppe dürfte auf diesem Weg eine teure Abfindung umgehen wollen.

Verwaltungsrat von Anregiomed kontrolliert sich selbst

Damit die marode Klinikgruppe nach dem Rauswurf der Chefin nicht völlig führungslos ist, übernehmen laut der „Süddeutschen Zeitung“ nun der Landrat und die Oberbürgermeisterin der Region die Führung des Krankenhauses. Auch diese neue Konstellation birgt Kurioses: Beide stehen bisher an der Spitze des Verwaltungsrats und kontrollieren sich damit nun selbst.

Ein Dauerzustand soll das nicht sein. Die Kommunalpolitiker hoffen, dass ein erfahrenes Unternehmen aus der Branche die Geschäftsführung der sanierungsbedürftige Klinikgruppe übernimmt. Ein echter Experte scheint bitter nötig. Dem „Bayerischen Rundfunk“ zufolge soll der Krankenhausbetreiber, der etwa 2.500 Mitarbeiter beschäftigt, in diesem Jahr ein Defizit von rund 15 Millionen Euro gemacht haben. Gerechnet hatte man mit 4,5 Millionen Euro. Auch einen Wirtschaftsplan für dieses Jahr gibt es laut dem BR noch nicht, dafür gäbe es noch zu viele offene Fragen. Den Patienten und Beschäftigten der Anregiomed-Gruppe bleibt zu wünschen, dass schnell eine Lösung gefunden wird.

antonia.koegler[at]finance-magazin.de

Info

Welche CFOs in den vergangenen Wochen und Monaten tatsächlich den Job wechselten, lesen Sie auf unserer FINANCE-Themenseite CFO-Wechsel.

Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.