Im zweiten Quartal 2019 war schon viel los, jetzt rotieren die Türen scheinbar noch schneller: Seit Beginn der FINANCE-Zählung von CFO-Wechseln in der DACH-Region Anfang 2014 gab es kein Vierteljahr, in dem mehr CFO-Wechsel oder Wechsel der kaufmännischen Geschäftsführung öffentlich kommuniziert wurden als im vergangenen dritten Quartal. Von Juli bis September kündigten Unternehmen in bisher einmaligen 128 Fällen an, ihre Finanzchefs auszutauschen oder tauschten sie bereits aus. Zum Vergleich: Bis dato war die Zahl an publizierten CFO-Transaktionen je Quartal immer zweistellig.
Nur acht CFO-Wechsel in der ersten Börsenliga
Dabei hat besonders die Zahl der Abgänge einen Sprung gemacht: in 83 Fällen verließen – aus eigenem Willen oder nicht – Finanzchefs ihr Unternehmen. Kein erfasster Wert der vorherigen 22 Quartale kommt auch nur annähernd an diesen Wert heran. Im Schnitt über alle 22 vorherigen Quartale nahmen pro Vierteljahr etwa 55 Finanzchefs ihren Hut – also ein Drittel weniger als im dritten Quartal 2019. Den historischen zweiten Platz belegt das erste Quartal 2015 mit 68, Platz drei geht an Q1 2016 mit 67 CFO-Abgängen.
Auch bei den Zugängen wurde vergangenes Quartal ein neuer Spitzenwert erreicht: in 107 Fällen kündigten Unternehmen an, einen neuen Finanzchef eingestellt zu haben oder dies in naher Zukunft zu planen. Das entspricht einer Zunahme von 30 Prozent zum Vorquartal (82) und liegt ein Drittel über dem historischen Durchschnitt (80) seit dem ersten Quartal 2014.
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Dass es sich bei der Differenz zwischen Zu- und Abgängen um eine Ausweitung der CFO-Funktion handelt, ist allerdings unwahrscheinlich. Oftmals kommunizieren die Unternehmen nicht eindeutig, ob eine Position neu geschaffen oder nur eine Vakanz gefüllt wurde. Was allerdings auffällt ist, dass von allen 128 Finanzchef-Wechseln lediglich acht auf Unternehmen aus Dax, MDax und SDax entfallen. Die übrigen 120 Wechsel gab es im Mittelstand.
Generationswechsel bei Fresenius und Heideldruck
Auch wenn Frauen in CFO-Positionen immer noch selten anzutreffen sind, wurde im vergangenen Quartal bekannt, dass drei Frauen wichtige Ämter übernehmen werden: Helen Giza wird zum 1. November die Nachfolge der Fresenius-Medical-Care-Institution Michael Brosnan antreten, der sich nach fast zehn Jahren im Amt und über zwanzig Jahren im Unternehmen in den Ruhestand verabschieden wird. Damit wird Giza die fünfte Finanzchefin im Dax – bei 25 männlichen Mit-CFOs. So hoch war der Anteil noch nie.
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Eine Etage darunter im MDax wird Bettina Orlopp bei der Commerzbank spätestens im kommenden April das Finanzruder vom scheidenden CFO Stephan Engels übernehmen und die Umbaupläne der Bank vorantreiben müssen. Orlopp ist aktuell im Vorstand schon für Personal, Compliance und Recht zuständig, wird diese Ressorts aber an die Privatkundenmanagerin Sabine Schmittroth abtreten.
Die dritte neue Finanzchefin ist Britta Schmidt, die das noch zu schaffende Amt der Finanzchefin bei der Scout24-Tochter Autoscout24 übernehmen wird. Dort wartet vermutlich eine große Aufgabe auf die bisherige IR-Chefin der Konzernmutter: Es wird spekuliert, dass Scout24 auch aufgrund des Drucks des aktivistischen Investors Elliot einen Börsengang oder Verkauf der Sparte in Betracht zieht.
Der zweite bekannt gewordene Wechsel im MDax ist der Abschied von Carlo Crosetto von Dürr. Der gebürtige Italiener wird seinen Vertrag bei dem schwäbischen Maschinenbauer nicht verlängern und spätestens im Februar 2020 abtreten.
Auch im SDax machte ein unternehmensprägender CFO Platz für jemand neues: Dass Dirk Kaliebe die Heidelberger Druckmaschinen verlassen wird, ist bereits seit Mai bekannt. Sein Nachfolger ist jetzt im Amt: Marcus Wassenberg übernahm Anfang September die Finanzen des Maschinenbauers.
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CFOs werden wieder etwas jünger
Gleichzeitig scheinen die CFOs wieder jünger zu werden: Mit durchschnittlich 47,1 Jahren ist das dritte Quartal 2019 das jüngste des laufenden Jahres. Trotzdem liegt die Alterskurve noch leicht über dem historischen Schnitt von 46,7 Jahren. Dieses junge Alter profitiert allerdings von den Jahren 2014 bis 2017, als das Durchschnittsalter der neuen CFOs noch 46,2 betrug. Die Vorquartale deuteten auf ein Älterwerden der CFOs hin, im vierten Quartal 2018 erreichte das Alter der Neuberufenen mit 50,6 Jahren einen Höchststand.
Die Berufung des erst 30-Jährigen Patrick Zabel zum Finanzvorstand bei dem Batteriehersteller Voltabox ist ein Beispiel für eine Trendumkehr beim Alter und mehr Mut der Unternehmen bei der Bestellung neuen Spitzenpersonals. Bereits im ersten Quartal war mit Philipp Lauenstein ein gerade einmal 28-Jähriger zum CFO des Asset Managers MPC Capital ernannt worden.
Info
Noch sind Finanzexpertinnen in Führungspositionen in der Minderheit. Doch der Anteil an Frauen auf dem CFO-Posten und in Aufsichtsräten steigt langsam. Wie geht die Entwicklung weiter? Mehr dazu auf unserer Themenseite Frauen in Finance.
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