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Windreich holt Ex-Arcandor-Chef Eick

Soll Windreich fit für den Börsengang machen: Ex-Arcandor-CEO und Ex-Telekom-CFO Karl-Gerhard-Eick
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Erst im Mai musste Chief Financial Officer Matthias Hassels seinen Stuhl beim Projektierer Windreich räumen – nun steht sein Nachfolger fest: Kein geringerer als der frühere Telekom-CFO und Arcandor-CEO Karl-Gerhard Eick steigt ab September bei dem schwäbischen Unternehmen ein. Zunächst angeheuert als beratender CFO, soll Eick spätestens ab März dann offiziell das Finanzressort leiten.
 
Die frühe Mitteilung der Personalie kommt überraschend, denn Alleinaktionär Willi Balz zeigte sich nicht gerade unerfreut über seinen Machtzuwachs, als er nach Hassels‘ Abgang gute Gründe fand, selbst die Finanzverantwortung zu übernehmen: „Als Gründer des Unternehmens kenne ich unser Geschäftsmodell so gut wie kein anderer. Da ich persönlich mit einem dreistelligen Millionen-Euro-Betrag hafte, möchte ich die Verantwortung für Finanzen zukünftig selbst in die Hand nehmen. Dadurch ist sichergestellt, dass den Kapitalmärkten und Investoren die Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit unserer Aktivitäten zur raschen Umsetzung der Energiewende überzeugend vermittelt werden“, sagte Balz damals gegenüber FINANCE.

Windreich hat kaum noch Chancen am Bondmarkt

Man habe jemanden gesucht, der das Unternehmen aus dem schwäbischen Wolfschlugen kapitalmarktfähig macht, sagt ein Unternehmenssprecher. Denn Windreich braucht dringend Geld für laufende und zukünftige Projekte. Über den Anleihemarkt dürfte das nicht mehr klappen. In den vergangenen Jahren hatte sich das Unternehmen mit der Emission von zwei Bonds im Mittelstandssegment der Stuttgarter Börse Bondm insgesamt 125 Millionen Euro frisches Kapital besorgt, die 2015 und 2016 auslaufen. Doch ein drittes Mal dürften die Investoren nicht anbeißen – auch, weil die Bonds inzwischen bei nur noch 60 bzw. 70 Prozent des Nennwerts notieren. Zu skeptisch beurteilen die Investoren inzwischen das Geschäftsmodell des Unternehmens, das überdies von der veränderten Regulierung mitbetroffen wird.

Mit dem 58-Jährigen Eick holt sich die schillernde Unternehmerfigur Balz einen ausgewiesenen Experten an Bord – und eine starke Persönlichkeit, die Insider als ausgesprochen durchsetzungsstark beschreiben. Der promovierte Betriebswirt war von 2000 bis 2009 Finanzchef der Telekom, die heutige solide Finanzierung des DAX-Konzerns sei zu einem großen Teil Eicks Verdienst, sagen Branchenkenner. Dennoch sah Eick während seiner Zeit in Bonn keine Chance, sich aus dem Schatten seines deutlich jüngeren Chefs René Obermann zu lösen. Die Chance winkte für Eick als Nachfolger von Thomas Middelhoff auf dem Chefposten des Touristikkonzerns Arcandor. Ein halbes Jahr später war das Projekt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Geschichte, Eick gab sein Amt auf – nicht allerdings seine Gehaltsansprüche von 15 Millionen Euro, die der damalige Großaktionär Sal. Oppenheim ihm für den 5-Jahres-Vertrag versprochen hatte.

Win-Win-Situation für Balz und Eick?

Selbst wenn mit Eick und Balz nun bei Windreich zwei Alpha-Tiere aufeinander treffen, könnte die Lage für beide Manager zu einer Win-Win-Situation werden: Gelingt der Windreich-Börsengang, kann Balz neue Projekte angehen und Eick könnte nach dem Arcandor-Desaster – wenngleich er dort von Anfang an auf verlorenem Posten stand – endlich wieder mit positiven Schlagzeilen von sich Reden machen. Unwahrscheinlich ist dagegen, dass die beiden auf eine längerfristige Zusammenarbeit aus sind: „Ich vermute, dass Eick vor allem der Börsengang reizt und er sich danach wieder anderweitig umschaut“, sagt ein Kenner der Branche. Gelingt der Coup nicht, dürfte Eicks Karriere im exekutiven Bereich wohl beendet sein, an Beschäftigung wird es ihm als Financial Expert der Deutschen Bank und Chef mehrerer Aufsichtsräte ohnehin nicht fehlen.

sarah.nitsche[at]finance-magazin.de

Info

Alle Details zur Windreich-Story finden Sie in unserem ausführlichen Themendossier zu Windreich

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