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Hedgefonds Engine Capital fordert Zerschlagung von Brenntag 

Im Fokus der Kritik: Engine Capital will Brenntag zerschlagen. Foto: Brenntag SE
Im Fokus der Kritik: Engine Capital will Brenntag zerschlagen. Foto: Brenntag SE

Engine Capital fordert die Aufspaltung von Brenntag. Der aktivistische Investor hält an dem Chemikalienhändler rund 1 Prozent und verlangt die Abspaltung der Spezialchemiesparte des Essener Konzerns. Nur so könnten die beiden dann eigenständigen Unternehmen „ihr jeweiliges operatives und finanzielles Potenzial ausschöpfen“, heißt es in einem Brief an den Aufsichtsrat, dem die Managerin Doreen Nowotne vorsteht. 

Die Einheit „Brenntag Specialties“ sei mit einem Umsatz von rund 6 Milliarden Euro zwar der größte Spezialchemikalienhändler der Welt, das organische Ebitda-Wachstum falle aber deutlich geringer aus als bei den Konkurrenten Azelis und IMCD, die reine Spezialchemikalienhändler seien. Das geringere Wachstum sei eine direkte Folge des Zusammenschlusses mit Brenntags Grundstoffsparte „Essentials“, moniert der in New York ansässige Investor und hält bei einer Aufspaltung eine Verdoppelung des gegenwärtigen Aktienkurses von rund 70 Euro auf 140 Euro für möglich. 

Brenntag soll Aktien zurückkaufen  

Engine Capital fordert des Weiteren ein umfangreiches Aktienrückkaufprogramm und die Aufnahme eines Vertreters in den Aufsichtsrat, der über „einschlägige Erfahrung in den Bereichen Kapitalallokation, Investitionen und Bewertungsanalysen“ verfügt – und diese Themen gegenüber einer „riskanten M&A-Agenda“ präferiert. 

Brenntag werde zurzeit mit dem niedrigsten Multiple seit 2013 gehandelt. Experten taxieren den Unternehmenswert von Brenntag auf rund 7x Ebitda. Der Markt erkenne nicht den Wert des Geschäfts mit Spezialchemikalien, den der Hedgefonds auf 15x Ebitda schätzt. Engine ist der Ansicht, „dass der Aufsichtsrat dieses Preisgefälle ausnutzen sollte, in dem er in naher Zukunft ein Aktienrückkaufsprogramm umsetzt.“  

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Wenn das Management den Leverage auf maximal 2x heben und den Free Cashflow nutzen würde, könnte es rund 15 Prozent der Aktien zurückkaufen. Die Verschuldung Brenntags sei dann immer noch deutlich geringer, „als die Verschuldung, die Brenntag bei einer Übernahme von Univar hätte auf sich nehmen müssen“, spielt Engine Capital auf die kurzzeitig diskutierte Übernahme des Rivalen an.  

Brenntags Aktienkurs reagiert verhalten 

Diese Ankündigung hatte Ende November für Verwunderung am Finanzmarkt gesorgt, da Brenntag nur wenige Woche zuvor noch angekündigt hatte, kleinere M&A-Deals im Visier zu haben. Doch nachdem die öffentliche Kritik an den Gesprächen über eine milliardenschwere Übernahme zu stark wurde, blies Brenntag den Zukauf Anfang Januar wieder ab. Unter anderem hatte sich der Brenntag-Aktionär Primestone, auch ein aktivistischer Investor, vehement gegen den Deal ausgesprochen und ebenfalls eine Aufspaltung Brenntags gefordert.  

Brenntag bestätigte gegenüber FINANCE den Eingang des Briefs. „Wir schätzen den konstruktiven Dialog mit allen unseren Aktionären. Brenntag verfolgt entschlossen das Ziel, nachhaltigen Wert für seine Aktionäre zu schaffen, und setzt seine ‚Strategy to Win‘ konsequent um, um mit Brenntag Specialties und Brenntag Essentials jeweils ein höheres Wachstum als der Markt zu erzielen“, teilt das Unternehmen weiterhin mit. Bislang hat der Brief von Engine Capital nur geringe Auswirkungen auf Brenntags Aktienkurs. Der gestrige Schlusskurs von 70,68 Euro lag 1,4 Prozent unter dem Eröffnungskurs.  

Brenntag will trotz Univar-Debakel weiter zukaufen 

Brenntag will ungeachtet der gescheiterten Univar-Gespräche weiterhin am M&A-Markt aktiv bleiben. „Wir halten an unserer Strategie, auch durch Zukäufe zu wachsen, weiterhin fest“, kündigte Brenntag-CFO Kristin Neumann Anfang Februar im Gespräch mit FINANCE an. Das jährliche M&A-Budget sei verdoppelt worden auf 400 bis 500 Millionen Euro, die für Akquisitionen zur Verfügung stünden.  

Rund 300 Firmen hätte Brenntag zurzeit im Visier. „Spannend sind für uns Branchen wie Life Sciences, sprich Nutrition, Pharma und Personal Care“, sagte Neumann und betonte, dass der Net Leverage 2x dabei nicht überschreiten soll. 

Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.