Covestro macht Ernst: Ab heute sind die Manager des Bayer-Spinoffs auf Roadshow, begleitet von den Investmentbanken und Joint Global Coordinators Morgan Stanley und Deutsche Bank. Die Börsenpläne waren zwar seit längerem bekannt, überraschend kam aber die kurzfristige Ankündigung zur konkreten Umsetzung. „Auch andere haben ihre Pläne verkündet“, sagte der Covestro-CEO Patrick Thomas bei einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main zur Wahl des Zeitpunkts. „Dann kann das Umfeld für Börsengänge so schlecht nicht sein.“
Am vergangenen Freitag hatte neben Covestro auch Scout24 die Preisspanne angekündigt, mit der das Internetportal in den Markt gehen möchte. Zudem will auch Klaus Rosenfeld die Schaeffler-Gruppe an den Kapitalmarkt führen. Der FINANCE-CFO des Jahres 2009 will durch Ausgabe von neuen Vorzugsaktien die Schulden des Herzogenauracher Familienunternehmens senken. Moody’s prüft nach der Ankündigung bereits ein Rating-Upgrade des Autozulieferers.
Covestro will Finanzverbindlichkeiten zurückzahlen
Covestro strebt bei seinem IPO einen Bruttoerlös in Höhe von 2,5 Milliarden Euro an – die Zahl der auszugebenden Aktien richtet sich nach dem Ausgabepreis. Ähnlich wie bei Scout24 geht die Kunststoffsparte von Bayer mit einer relativ weiten Preisspanne in die Vermarktung: Der Ausgabepreis soll zwischen 26,50 Euro und 35,50 Euro liegen. Bayer behält je nach Platzierungserfolg zwischen 60 und 66 Prozent der Anteile – und hat sich verpflichtet, in den ersten sechs Monaten keine Aktien in den Markt zu werfen.
Mit dem Geld aus der Kapitalerhöhung will Covestro die Finanzverbindlichkeiten reduzieren. „Unsere Zielkapitalstruktur der Nettofinanzschulden zusammen mit den Pensionsverpflichtungen ist das 2,5- bis 3-fache bereinigte Ebitda“, sagt Covestro-CFO Frank Lutz. „Wir streben einen Investmentgrade-Rating an.“ Dem Vernehmen nach ist der Ratingprozess bereits auf der Zielgeraden, einer Veröffentlichung nach dem gelungenen IPO steht nichts mehr im Wege.
Frank Lutz, geprägt durch seine Investmentbanking-Zeit bei Goldman Sachs, will mittelfristig auch auf Anleihen setzen. Zunächst hat sich Covestro aber einen Kredit in Höhe von 2,7 Milliarden Euro gesichert, der sich aus einer befristeten und einer revolvierenden Linie zusammensetzt. Deutsche Bank, Unicredit, Citigroup und Bank of America Merrill Lynch sind daran beteiligt. Bald sollen weitere Geldhäuser über die Syndizierung hinzukommen.
Keine M&A-Agenda
Die Geschäfte von Covestro liefen im ersten Halbjahr 2015 sehr gut. Das Adjusted Ebita liegt mit 914 Millionen Euro deutlich über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum (1. Hj. 2014: 625 Millionen Euro). Auch die Umsätze, die im vergangenen Jahr bei 11,76 Milliarden Euro lagen, dürften deutlich steigen.
Von der abflauenden Konjunktur in China, einem wichtigen Absatzmarkt, zeigt sich CEO Patrick Thomas reichlich unbeeindruckt. M&A-Transaktionen schloss er aber vor Journalisten nahezu aus, da Covestro in vielen Bereichen zu den größten Anbietern gehört. Zusammenschlüsse dürften deshalb kartellrechtlich kritisch werden. Es gehe vielmehr darum, die Kapazitäten bestehender Anlage noch stärker zu nutzen. Doch auch in die seien bis 2020 keine größeren Investitionen nötig.
Covestro will künftig ordentlich Dividende ausschütten: für 2015 noch 100 bis 150 Millionen Euro, ab 2016 dann 30 bis 50 Prozent des Konzernergebnisses nach IFRS. Zuvor muss aber die Roadshow noch erfolgreich zu Ende gebracht werden: In dieser Woche stehen europäische Investoren auf der Liste, in der nächsten Woche geht es in die Vereinigten Staaten.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.