Herr Näther, Sie haben Ihren 350 Millionen Euro schweren Debüt-Fonds um 50 Millionen Euro aufgestockt – etwa weil die Marktgerüchte stimmen, dass Sie für einen neuen Fonds nicht genügend Investoren begeistern konnten?
Diese Gerüchte stimmen nicht. Bei den Gesprächen mit unseren Investoren ging es von Anfang an darum, den bestehenden Fonds aufzustocken, da wir weiterhin einen starken Deal Flow haben. Bevor wir in das nächste Fundraising gehen, wollen wir zunächst zwei bis drei Exits realisieren. Das Interesse an der Kapitalerhöhung war außerordentlich hoch, und zwar zu einem Premium auf den Net Asset Value des Fonds. Unsere Investoren vertrauen uns, schließlich müssen mindestens 75 Prozent solch einer Kapitalerhöhung zustimmen. Bei der Aufstockung konnten wir außerdem neue Blue-Chip-Investoren gewinnen und uns für ein zukünftiges Fundraising eine breitere Investorenbasis sichern.
Zwei Ihrer ersten Investments waren Flops. Der Modehändler Bench ging pleite, der Süßigkeitenfilialist Hussel wurde zu einem minimalen Preis an den Handelskonzern Arko verkauft. Für einen neu angetretenen Private-Equity-Investor ist so eine Performance doch Gift, oder?
„Der Fond ist trotz der Abschreibungen bei Bench und Hussel deutlich im Geld.“
Bench und Hussel sind für uns nicht gut gelaufen, da gibt es nichts schönzureden. Daraus haben wir auch Konsequenzen gezogen. Das Resultat lässt sich auch an unseren anderen Portfoliounternehmen erkennen, die sich sehr gut entwickeln. Insgesamt ist der Fond so trotz der Abschreibungen bei Bench und Hussel deutlich im Geld.
Was ist bei Hussel und Bench schiefgelaufen?
Im Rückblick war es in beiden Fällen ein Zusammenspiel aus Gesellschafter- und Management-Fehlern einerseits und externen Schocks andererseits. Zudem hat sich die Qualität unseres Dealflows signifikant verbessert, so dass wir ähnliche Situationen heute gar nicht mehr ernsthaft verfolgen würden. Vergangenes Jahr beispielsweise wurden uns knapp 200 Unternehmen angeboten, von denen wir über 50 näher analysiert haben.
Ein schwacher Dealflow ist per se aber noch keine hinreichende Begründung dafür, dass ein Investment in einer Abschreibung endet.
Stimmt, entscheidend waren operative Themen der beiden Unternehmen. Bei Bench war ein entscheidendes Problem, dass das automatisierte Lager durch den einen neu beauftragten Dienstleister nicht auf die speziellen logistischen Anforderungen der Wintersaison-Ware umgestellt wurde. Dadurch haben wir die Ware nur verspätet oder gar nicht zum Kunden gebracht, hohe zusätzliche Retouren- und Gutschriftenbelastungen erlitten und in der Folgesaison fast 70 Prozent der Kunden verloren.
Bei Hussel wollten Sie Umsatz und Margen erhöhen. Warum ist das nicht aufgegangen?
Unsere Maßnahmen haben durchaus gegriffen, so dass wir sowohl die Conversion-Rate als auch den Durchschnitts-Bon pro Kunde steigern konnten. Allerdings wurde dieser Erfolg nahezu komplett durch den ‚indirekten Amazon-Effekt‘ aufgefressen: Es kamen zwar anteilsmäßig mehr Passanten in die Hussel-Filialen und gaben dort auch mehr Geld aus. Das war aber zu wenig, um den Frequenzrückgang speziell in der Weihnachtszeit in den Innenstädten zu kompensieren. Als Folge stagnierte der Umsatz von Hussel bei rund 100 Millionen Euro. Wir haben Hussel dann Mitte 2018 in die Arko-Gruppe eingebracht, und halten heute noch einen kleinen Anteil.
So steht es um Emerams Portfolio
Die anderen Portfoliounternehmen dagegen wachsen, behaupten Sie. Können Sie das anhand von Zahlen belegen?
Durchaus: Der Wassersportartikelhersteller Boards & More hat seinen Umsatz seit unserem Eintritt im Jahr 2013 von 50 Millionen auf über 75 Millionen Euro steigern können. Gleichzeitig konnte das Management die Profitabilität mehr als verdoppeln. Stark gewachsen ist auch Matrix42. Das Unternehmen gestaltet mit seinen Software-Lösungen die Zukunft des Arbeitsplatzes mit. Zum Zeitpunkt unseres Investments Ende 2014 lag der Umsatz bei etwas über 30 Millionen Euro. Im letzten Jahr waren es bereits knapp 50 Millionen, auch hier gepaart mit einer Verdoppelung der Profitabilität.
Läuft Ihr zweites Tech-Investment auch so gut?
Sie sprechen von Xovis, einem Produzenten von Hard-und Software für die Erkennung und Analyse von Personenbewegungen. Das ist ein hochspannendes Thema. Die Software ermittelt, wie viele Personen sich zu welchem Zeitpunkt an einem bestimmten Ort aufhalten oder bewegen. Die Technologie wird vor allem an Flughäfen und Bahnhöfen im Bereich der Durchlass-Optimierung eingesetzt. Aber auch für Einzelhändler ist die Technologie interessant, etwa um zu analysieren, wo sich die Kunden wie lange im Laden aufhalten. Bei unserem Einstieg im August 2016 war Xovis an 17 Flughäfen im Einsatz. Heute sind es 70. Damit einherging allein im letzten Jahr ein Umsatzwachstum von 40 Prozent.
Diese von Ihnen erwähnten Investments liegen schon eine Weile zurück. Was haben Sie in jüngerer Vergangenheit gekauft?
Diva-e ist 2016 entstanden und eines unserer jüngeren Projekte. Wir haben sechs selbständige Agenturen in einer Transaktion mit Hilfe der verantwortlichen Manager zusammengeführt und daraus mit der Diva-e eine neue Full-Service-Digital-Agentur gebaut. Die Unternehmen für sich genommen waren zwar in ihrer Nische technologisch führend, aber zu klein gewesen, um sich erfolgreich um die Budgets größerer Kunden zu bewerben. Die Diva-e hat seitdem vier weitere Unternehmen gekauft, wodurch sie heute die einzige unabhängige Full-Service-Agentur unter den deutschen Top 10 ist. Der Umsatz lag 2015 noch deutlich unter 40 Millionen Euro. Im laufenden Jahr wird Diva-e über 70 Millionen Euro erzielen, mit einer Ebitda-Marge von deutlich über 15 Prozent.
Dieses Investment klingt nach einer komplexen Gesellschafterstruktur …
Das stimmt. Alle operativen Geschäftsführer der Unternehmen haben sich an Diva-e rückbeteiligt. Die nicht mehr operativ tätigen Gesellschafter hatten wir bei dem Buy-out aber abgelöst. Wir halten heute knapp 90 Prozent an dem Unternehmen. Ein anfängliches Gesellschafterdarlehen konnten wir inzwischen durch ein Kombi-Paket aus Bank- und Debt-Fonds-Finanzierung ablösen und damit die Finanzierungskonditionen insgesamt deutlich optimieren.
Nur ganz kurz nach den sehr komplexen Diva-e-Deals haben Sie auch noch Frostkrone übernommen. Blieben dafür überhaupt die nötigen Ressourcen übrig?
Das war kein Problem, obwohl wir mit diesem Investment schon gar nicht mehr gerechnet hatten.
FINANCE-Leser-Voting: Wird es Emeram gelingen, einen neuen Fonds einzuwerben?
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Emeram will 2020 ins Fundraising
Warum nicht?
Bei der M&A-Auktion für Frostkrone waren wir eigentlich schon ausgeschieden, weil ein anderer Interessent mehr geboten hatte. Über Weihnachten wurden wir aber in den Prozess zurückgeholt, weil die Verhandlungen mit dem vorne liegenden Bieter stockten. Es war von Beginn an das Ziel, die Firma stärker zu internationalisieren und weitere Absatzkanäle zu erschließen. Das machen wir heute teils organisch und teilweise durch Übernahmen. So hat Frostkrone in den letzten zwölf Monaten mit Pizwich, Varenne (beide in Frankreich) und Rite Stuff Foods in den USA allein drei Unternehmen akquiriert. Insgesamt wird sich der Umsatz im Jahr 2019 mit über 130 Millionen Euro seit unserem Einstieg mehr als verdoppelt haben, gleiches gilt für die Profitabilität.
Angesichts der vielen Zukäufe der Portfoliounternehmen müsste Ihr Fonds inzwischen größtenteils ausinvestiert sein.
Inklusive der Kapitalerhöhung verfügen wir jetzt noch über etwas mehr als 100 Millionen Euro, die wir in neue Plattformen investieren können. Zusätzlich schauen wir natürlich weiter nach Anschlussakquisitionen für unsere bestehenden Firmen. Mit diesem Rückenwind möchten wir dann Anfang 2020 mit unserem zweiten Fund starten.
„Wir verfügen jetzt noch über etwas mehr als 100 Millionen Euro, die wir investieren können.“
Im Markt werden vor allem Boards & More, Matrix42, Xovis und Diva-e als Verkaufskandidaten gehandelt.
Generell sind wir naturgemäß immer (irgendwann) Verkäufer. Aktiv starten wir entsprechend gerichtete Aktivitäten allerdings erst dann, wenn wir und das Management der Ansicht sind, dass wir eine bestimmte Phase der Unternehmensentwicklung erfolgreich abgeschlossen haben. Bei Boards & More ist das noch nicht ganz abgeschlossen. Dort haben wir mit dem CEO, Till Eberle, gemeinsam noch eine neue Phase definiert, in deren Rahmen wir durchaus bereit wären, in Anschlussakquisitionen zu investieren. Zu den Situationen bei den anderen genannten Firmen möchte ich an dieser Stelle nichts sagen.