Aufsehenerregende Allianz in der Medienwelt: Das Berliner Verlagshaus Axel Springer holt den US-Finanzinvestor KKR in seinen Aktionärskreis. Dies ist das Ergebnis einer Strategieüberprüfung, die Springer nach eigenen Angaben im Dezember begonnen hatte.
KKR bietet 63 Euro je Springer-Aktie in bar und damit rund 40 Prozent mehr als der Schlusskurs vom 29. Mai – danach sickerten erste Gerüchte über das KKR-Interesse durch. KKR bietet für gut 55 Prozent der Anteile, da Verlegerwitwe Friede Springer und Springer-CEO Matthias Döpfner an ihren Aktien festhalten wollen. Zusammen halten die beiden 45,4 Prozent. Von den restlichen 55,6 Prozent halten 9,8 Prozent die Springererben Axel Sven und Ariane Melanie Springer, 44,8 Prozent befinden sich im Freefloat.
Der Markt sagt „Ja“ zu KKRs Angebot
Insgesamt bewertet das KKR-Angebot Springer mit einem Eigenkapitalwert von 6,8 Milliarden Euro, der sich inklusive der Nettofinanzschulden von 1,25 Milliarden Euro auf einen Unternehmenswert von gut 8 Milliarden Euro erhöht. Würden KKR alle verfügbaren Aktien angedient, müsste der PE-Investor rund 3,7 Milliarden Euro zahlen. Die Mittel sollen aus der Bilanz von KKR sowie dem neuen Fonds „Europa V“ kommen, der sich gerade im Fundraising befindet und Medienberichten zufolge 5 Milliarden Euro groß werden soll. Die Amerikaner wollen mindestens fünf Jahre an Springer beteiligt bleiben. Die Mindestannahmeschwelle fixiert KKR bei 20 Prozent.
KKR wird von JP Morgan als Finanzberater und Unicredit als finanzierender Bank unterstützt. Rechtsberater des Private-Equity-Hauses sind Freshfields Bruckhaus Deringer und Simpson Thacher & Bartlett. Axel Springer hat Allen & Company und Goldman Sachs als Finanzberater sowie Hengeler Mueller als Rechtsberater an seiner Seite.
Mit KKR kommt auch die Gewinnwarnung
Bereits bei Bekanntwerden der Verhandlungen reagierte der Markt euphorisch mit einem Kursanstieg von rund 20 Prozent auf etwa 55 Euro. Der Abschluss der Verhandlungen zeigt jetzt ein ähnliches Bild: Die Springer-Aktie steigt auf fast 63 Euro – 12 Prozent über dem Vortag und nahezu exakt in Höhe des Angebotspreises von KKR. Ihren Höchststand hatte die Springer-Aktie vor rund einem Jahr bei 73 Euro erreicht. Springer-CFO Julian Deutz sieht in dem Angebot von 63 Euro „eine attraktive Prämie“ und „das bestmögliche Ergebnis für unsere Aktionäre“. Diese könnten sich den Wert ihrer Beteiligung nun „sofort und im Voraus sichern“, wirbt Springer für die Annahme der KKR-Offerte.
FINANCE-Köpfe
Die Worte des Finanzchefs gewinnen an Gewicht durch die aktuellen Entwicklungen im operativen Geschäft des Medienhauses, denn zusammen mit den Informationen zu dem KKR-Angebot gab Springer heute auch eine Umsatz- und Gewinnwarnung heraus. Weil sich das Geschäft der Online-Jobportale des Konzerns schwächer entwickelt als geplant, geht Springer nun beim Jahresumsatz von einem Rückgang im niedrigen einstelligen Prozentbereich aus, nachdem zuvor ein Erlös auf Vorjahresniveau in Aussicht gestellt wurde. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte nun im mittleren einstelligen Prozentbereich sinken anstatt auf Vorjahresniveau zu bleiben.
Noch düsterer sind die Aussichten für 2020: Dann werde die Wachstumsstrategie zu einem weiteren deutlichen Rückgang des operativen Ergebnisses gegenüber dem laufenden Jahr führen, warnt Springer. Erst in den Jahren danach erwartet das Management Besserung.
FINANCE-Leser-Voting: Wird KKR Freude an dem Investment in Axel Springer haben?
Springer will „erheblich“ investieren
In dieser wirtschaftlich schwierigen Lage erhofft sich Axel Springer vom Einstieg KKRs wohl mehr Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt und eine höhere Planungssicherheit beim weiteren Ausbau des Digitalgeschäfts. CEO Döpfner: „Durch die strategische Partnerschaft mit KKR könnten wir erhebliche Wachstumschancen ergreifen, da wir uns zusätzliche Ressourcen erschließen und uns zugleich von der reinen Fokussierung auf kurzfristige Finanzziele lösen.“
Diese Wachstumschancen sieht Springer nicht im Kerngeschäft Journalismus (Bild, Welt, Politico.eu), sondern in erster Linie im Geschäft mit digitalen Kleinanzeigen und Rubrikenportalen wie Stepstone oder Immowelt. Laut Unternehmensangaben stammten im Geschäftsjahr 2018 rund 71 Prozent des Umsatzes und 84 Prozent des bereinigten Ebitdas aus digitalen Aktivitäten. Springer plant laut Döpfner „erhebliche Investitionen in Mitarbeiter, Produkte, Technologie und Marken“. Döpfner kündigte an, bereits vorgesehene Restrukturierungsmaßnahmen in nicht-performanten Unternehmensbereichen nun „möglicherweise früher als geplant umsetzen zu wollen“.
Die erhoffte Planungssicherheit geht jedoch weit über das rein finanzielle hinaus: Springer hat mit KKR eine Aktionärsvereinbarung geschlossen, wonach der Vorstand seine Arbeit unverändert fortsetzen kann. Auch Friede Springer hat ihren Einfluss gesichert – es wird keine Entscheidung auf Gesellschafterebene ohne ihre Zustimmung getroffen werden können.
„Durch die strategische Partnerschaft mit KKR könnten wir uns von der reinen Fokussierung auf kurzfristige Finanzziele lösen.“
KKR mischt das deutsche Mediengeschäft auf
Für KKR, das seit Anfang 2018 mit einem Büro in Frankfurt vertreten ist, ist das Springer-Investment nicht das erste in der deutschen Medienlandschaft: Von 2006 bis 2013 war KKR an ProSiebenSat.1 beteiligt. Mit Bertelsmann baute KKR das Musikrechteunternehmen BMG auf, das die Gütersloher 2013 komplett übernahmen. Aktuell baut KKR in München ein großes Medienunternehmen rund um die Tele München-Gruppe auf.
Der Finanzinvestor verfügt nicht nur über viel Kapital, sondern auch über eine ausgeprägte M&A-Expertise und ein tiefes Netzwerk in der Medienbranche – eine „Wachstumsplattform“, wie KKR es nennt. All dies dürfte bei der Umsetzung von Springers Wachstumsplänen eine Rolle spielen. „Springer benötigt nun weitere organische Investitionen und eine konsequente Umsetzung seiner Unternehmensstrategie“, glaubt Philipp Freise, der das europäische Tech- und Medienteam von KKR leitet.
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