Die Finanzinvestoren Hellmann & Friedman sowie Blackstone lassen bei Scout24 nicht locker: Um den Onlinemarktplatzbetreiber übernehmen zu können, haben sie ihre Offerte noch einmal aufgestockt. Sie bieten nun 46 Euro je Aktie in bar, was einem Eigenkapitalwert von 4,9 Milliarden Euro und inklusive Nettofinanzverschuldung einem Unternehmenswert von 5,7 Milliarden Euro entspricht.
Vor rund einem Monat hatten die beiden Private-Equity-Häuser einen Preis von 43,50 Euro je Aktie in Aussicht gestellt, waren damit beim Scout24-Vorstand aber auf Ablehnung gestoßen. Das neue Angebot begrüßen Vorstand und Aufsichtsrat jedoch, heißt es in einer Mitteilung des Internetunternehmens.
Die Scout24-Führung ist auch dazu bereit, ihre selbst gehaltenen Aktien an die Investoren verkaufen. Es sei ein „attraktives Angebot mit einer substanziellen Prämie, hoher Transaktionssicherheit und einem strategischen Mehrwert für das Unternehmen“, wirbt Aufsichtsratschef Hans-Holger Albrecht. CEO Tobias Hartmann bezeichnet Hellmann & Friedman und Blackstone als „vertrauenswürdige und langfristige Partner, die als ehemalige Eigentümer mit dem Unternehmen vertraut sind“.
Scout24-Aktionäre sind begeistert
Tatsächlich kennen die beiden Finanzinvestoren Scout24 in- und auswendig: Sie hatten das Unternehmen 2014 von der Deutschen Telekom übernommen und nur eineinhalb Jahre später zu einem Kurs von 30 Euro je Aktie an die Börse gebracht. Hellman & Friedman hat erst vor gut einem Jahr seine letzten Scout24-Anteile verkauft.
Die Aktie entwickelte sich in den Folgejahren gut und erreichte im Juli 2018 ihr Hoch bei 47 Euro. Anschließend gingen die Kursgewinne zum Teil wieder verloren, unter anderem wegen des Zukaufs von Finanzcheck.de, den viele Aktionäre als zu teuer bewerteten.
Das aktuelle Übernahmeangebot von 46 Euro liegt nur knapp unter dem bisherigen Höchstwert, und die Aktie springt am frühen Freitag Vormittag auch um 11 Prozent auf genau den gebotenen Preis nach oben. Laut Unternehmensberechnungen entspricht das aktuelle Angebot einer Prämie von 24 Prozent auf den 3-Monats-Durchschnittskurs und von über 27 Prozent zum Kurs vom 13. Dezember, als Medien erstmals über eine mögliche Übernahme berichteten.
Die Übernahmebedingungen scheinen erreichbar: Die Mindestannahmeschwelle liegt bei 50 Prozent plus eine Aktie, während der Streubesitz bei 51,7 Prozent liegt und der Rest bei größeren institutionellen Anlegern.
Scout24-Kurs kratzt wieder an Höchstmarke
Scout24 hat Buy-out-Finanzierung grade abgeschüttelt
Scout24 bietet gleich drei Dinge, die Finanzinvestoren schätzen: Hohe, gut vorhersehbare Cashflows, einen geringen Investitionsbedarf sowie diverse M&A-Optionen, mit denen sich das Unternehmen weiterentwickeln ließe. Aktuell verfügt Scout über eine noch ganz frische Finanzierung von 1 Milliarde Euro. Darin enthalten ist auch eine M&A-Kreditlinie von 500 Millionen Euro, wie CFO Christian Gisy im August im FINANCE-Interview berichtete.
Allerdings ist nicht bekannt, ob die Banken die M&A-Linie auch nach einem Buy-out noch stehen lassen würden. Hintergrund: Scout24 hat die Zeit seit dem Börsengang immer wieder dazu benutzt, Sondertilgungen auf Finanzierungen vorzunehmen.
Die teuren Kredite aus der ersten Buy-out-Ägide ersetzte CFO Gisy nach und nach durch eine günstigere Corporate-Finanzierung. Gelingt die geplante Übernahme, dürfte es auf der Finanzierungsseite zu einer Rolle rückwärts kommen.
FINANCE-Köpfe
Das Vorhaben der beiden US-Finanzinvestoren hat für deutsche Verhältnisse ein gewaltiges Ausmaß: Mit einem Wert von 5,7 Milliarden Euro wäre der Deal die größte Private-Equity-Übernahme in Deutschland aller Zeiten. Bislang trägt diesen Titel die Übernahme des Pharmakonzerns Stada mit einem Volumen von knapp 5,6 Milliarden Euro.
Beraten wird der Scout24-Vorstand von Allen & Overy sowie Morgan Stanley. Den Aufsichtsrat beraten die Citigroup und die Anwaltssozietät Gleiss Lutz. Hellman & Friedman und Blackstone haben J.P. Morgan, Freshfields Bruckhaus Deringer sowie Latham & Watkins mandatiert.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.