Der Boom im mittelständischen Private-Equity-Geschäft scheint kein Halten zu kennen. Wie die heute veröffentlichte FINANCE-Midmarket-Buy-out-Liste zeigt, hat der Markt 2019 zum vierten Mal hintereinander neue Rekordniveaus erreicht und das vorherige Rekordjahr 2018 sogar nochmal deutlich getoppt: Die Anzahl der Private-Equity-Übernahmen deutscher Mittelständler mit Unternehmenswerten zwischen 50 und 250 Millionen Euro stieg von 47 auf 51. Das geschätzte kumulierte Dealvolumen wuchs von 4,8 auf 5,4 Milliarden Euro. Damit ist der Markt inzwischen mehr als doppelt so groß wie noch im Jahr 2013.
Private Equity versorgt sich für Jahre mit Nachschub
Und auch die Perspektiven beim Dealflow könnten besser kaum sein, denn die Private-Equity-Branche hat in den zurückliegenden zwei Jahren eine langjährige Schwäche ausgemerzt und sich selbst für die kommenden Jahre mit viel Nachschub an Zielunternehmen versorgt. Ablesen lässt sich das an der Entwicklung der sogenannten Primary Buy-outs, also wenn ein Finanzinvestor direkt vom Gründer, von einer Unternehmerfamilie oder einem Konzern kauft. Es waren ausschließlich zusätzliche Primaries, die den Markt 2019 zu neuen Höhen trieben.
Die Zahl der Primaries wuchs gegenüber 2018 um fast die Hälfte von 26 auf 38, das dabei bewegte Volumen von 2,2 auf 3,8 Milliarden Euro. Viele dieser Deals dürften dem Private-Equity-Markt in einigen Jahren als Kandidaten für Secondary Buy-outs erneut zur Verfügung stehen.
Aus dieser zweiten zentralen Dealquelle sind zuletzt weniger Unternehmen auf den Markt gekommen als in den Vorjahren. So haben Finanzinvestoren im Rahmen von Secondary und Tertiary Buy-outs im vergangenen Jahr weniger Portfoliounternehmen innerhalb des Private-Equity-Lagers weitergereicht als 2017 und 2018. Im abgelaufenen Jahr gab es nur noch 13 Secondary- oder Tertiary-Transaktionen mit einem Volumen von zusammen etwas mehr als 1,6 Milliarden Euro. 2018 waren es noch 21 Deals gewesen, 2017 immerhin 18.
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Nachfolge-Deals fluten weiter den Markt
Diese Marktverschiebung geht in weiten Teilen auf die anhaltende Nachfolgewelle zurück, die den Private-Equity-Markt auch im vergangenen Jahr wieder mit weit überdurchschnittlich vielen Deals geflutet hat. Mit zwölf neuen Nachfolge-Lösungen gab es zwar deutlich weniger als im Ausnahmejahr 2018, in dem 19 Gründer oder Inhaber ihr Unternehmen an Private-Equity-Häuser übergaben, aber immer noch nennenswert mehr als in allen Jahren davor. Bemerkenswert dabei: Bezogen auf die Anzahl der Deals, geht 62 Prozent des Marktwachstums der vergangenen zwei Jahre auf Nachfolge-Deals zurück.
Der zweite große Faktor für den starken Marktanstieg ist der boomende Healthcare-Sektor, in dem es im vergangenen Jahr satte neun Mittelstands-Buy-outs gab. Noch nie seit dem Start dieser Analyse vor 15 Jahren wurden in einem Jahr in einer einzelnen Branche dermaßen viele Deals verzeichnet.
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Immer weniger Automotive-Deals
Der Leidtragende dieses veränderten Investitionsverhaltens ist der Automobilsektor, der von der Private-Equity-Branche inzwischen gemieden wird. Was sich im Herbst beim FINANCE Private Equity Panel schon angedeutet hatte, ist jetzt durch die Buy-out-Übersicht auch dokumentiert: Die Tatsache, dass es 2019 nur einen einzigen (auch noch kleinen) Mittelstands-Deal gab, wirft die Frage auf, wie lange sich der Autosektor in der Langzeitbetrachtung als Private-Equity-Ziel Nummer eins noch vor Healthcare behaupten kann.
Freilich ist die Lücke immer noch groß: 16 Deals und rund 2,2 Milliarden Euro Volumen liegen gegenwärtig zwischen den beiden Branchen.
Neben Healthcare waren noch zwei weitere Branchen 2019 bei Finanzinvestoren sehr beliebt: Je sechs Mittelständler aus den Branchen Bau/Handwerk sowie Handel/E-Commerce wanderten mehrheitlich in das Portfolio einer Beteiligungsgesellschaft. Damit steht die Handelsbranche kurz davor, in der Langfristperspektive den Sprung in die Top-5 zu schaffen.
Info
Eine Übersicht über alle 51 Midmarket-Deals des vergangenen Jahres sowie weiterführende Statistiken können Sie im Rahmen der „FINANCE-Midmarket-Buy-outs 2019“ hier herunterladen.
Wer die aktivsten Finanzinvestoren 2018 gewesen sind und ob die DBAG ihre langjährige Marktführerschaft gegenüber dem Verfolger Equistone behaupten konnte, erfahren Sie hier bei FINANCE-Online.