Die Gerüchte der vergangenen Monate haben sich bestätigt: Private Equity hat tatsächlich ein Auge auf Osram geworfen. Am gestrigen Abend bestätigte der MDax-Konzern eine Meldung der Nachrichtenagentur „Bloomberg“: „Die beiden Private-Equity-Investoren Bain Capital und Carlyle erwägen einen gemeinsamen Erwerb von Osram. Die Gesellschaft führt vertiefte Gespräche mit ihnen“, heißt es in einer knappen Pflichtmitteilung.
Die Aktie, die schon um die Mittagszeit nach dem Bloomberg-Bericht von 35 auf 39 Euro angezogen, dann aber wieder nachgegeben hatte, sprang im späten Handel bis auf 40 Euro – ein Tagesplus von rund 14 Prozent. In den ersten Minuten des heutigen Handels hält sie sich in etwa auf diesem Niveau.
Geschäft von Osram trübt sich ein
Osrams Aktionärsstruktur spielt den Private-Equity-Interessenten in die Hände, denn seit dem Rückzug des früheren Eigentümers Siemens befinden sich keine großen strategischen Investoren mehr im Aktionariat des Lichttechnikspezialisten. Die größten Aktionäre sind allesamt Fondsgesellschaften: Allianz Global Investors hält 10,2 Prozent, die DWS 5,9 Prozent, Blackrock 5,3 Prozent. Zählt man diese Investoren zum Streubesitz, befinden sich sämtliche Osram-Aktien im Freefloat.
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Und auch Verkaufsbereitschaft dürfte im Aktionariat vorhanden sein, zeigt der Geschäftstrend von Osram doch klar nach unten: Im abgelaufenen Geschäftsjahr stagnierte der Umsatz bei 4,1 Milliarden Euro, der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) ging von 695 auf 605 Millionen Euro zurück.
Zudem misslang der Start ins laufende Geschäftsjahr: Nach einem 15-prozentigen Umsatzeinbruch im ersten Quartal warnte das Management bereits, dass die Jahresziele nur noch schwer zu erreichen seien. Offiziell erwartet Osram immer noch eine stabile Umsatzentwicklung und einen Rückgang der bereinigten Ebitda-Marge von 14,7 auf 12 bis 14 Prozent.
Die Aktienkursentwicklung reflektiert den Abwärtstrend: Seit Juli schwankt das Papier zwischen 30 und 40 Euro. Das ist nur rund halb so viel wie zum Jahreswechsel 2017/18, als der Osram-Kurs beinahe 80 Euro erreicht hatte. Vorstandschef Olaf Berlien und CFO Ingo Bank gelten als angeschlagen. Auf der Hauptversammlung am kommenden Dienstag drohen ihnen schwache Ergebnisse bei der Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. In einem FINANCE-Interview vom vergangenen Oktober bezeichnete Bank die Kritik am Management als „gerechtfertigt“.
Bain Capital hat auch Stada von der Börse genommen
Gelänge den beiden US-Finanzinvestoren Bain und Carlyle die Übernahme von Osram, wäre dies einer der größten Buy-outs der deutschen Industriegeschichte. Der Lichttechnikkonzern aus München kommt aktuell auf einen Börsenwert von rund 3,9 Milliarden Euro. Zuzüglich der Nettofinanzschulden und der offenen Pensionsverpflichtungen beläuft sich der Unternehmenswert auf 4,1 Milliarden Euro.
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Die bisherige Rekordmarke in Deutschland hält die Übernahme des Pharmakonzerns Stada mit einem Wert von über 5,5 Milliarden Euro. Wie Stada wäre auch Osram eine so genannte Public-to-Private-Transaktion. Diese Deals sind in Deutschland selten, weil es das deutsche Übernahmerecht schwer und zeitraubend macht, Unternehmen von der Börse zu nehmen. Doch einer der beiden Osram-Interessenten hat bereits gezeigt, dass er trotzdem zum Erfolg zu kommen weiß: Der zweite Stada-Käufer neben dem PE-Investor Cinven war ausgerechnet Bain Capital.