Der gewaltige M&A-Turbo, der der Private-Equity-Branche in den vergangenen Jahren zu hohen Renditen verholfen hat, gerät ins Stottern. Wie das Beratungshaus PwC ausgerechnet hat, wird sich der positive Werteffekt aus der so genannten „Multiple-Arbitrage“ schon in diesem Jahr auflösen. Und der Einschnitt ist tief, wirkte dieser Werttreiber im abgelaufenen Jahr doch so stark wie fast niemals zuvor.
Vier fette Jahre der Multiple-Arbitrage
Von Multiple-Arbitrage spricht man, wenn das realisierte Kaufpreis-Multiple beim Verkauf eines Portfoliounternehmens höher liegt als bei dessen Einkauf. Dieses Phänomen war 2018 extrem stark ausgeprägt: Nach PwC-Berechnungen verkauften Private-Equity-Häuser europäische Portfoliounternehmen im Schnitt zu einem Ertrags-Multiple von 10,9x Ebitda. Gekauft hatten sie diese Unternehmen durchschnittlich für den 8,5-fachen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Die positive Multiple-Arbitrage belief sich also auf 2,4x Ebitda, was laut PwC „einen großen Anteil“ zur erwirtschafteten Gesamtrendite der Private-Equity-Industrie beisteuerte.
Schon in den Jahren davor kamen die Private-Equity-Investoren in den Genuss dieses Rückenwinds – mit zunehmender Stärke: Lag die Multiple-Arbitrage 2015 noch bei moderaten 0,3x Ebitda, wuchs sie 2016 auf 0,8x Ebitda und 2017 auf 1,4x Ebitda. Seit der Finanzkrise litten nur die Exit-Jahrgänge 2012 und 2013 unter Multiple-Rückgängen. Diese Unternehmen wurden größtenteils am Vorabend der Finanzkrise eingekauft.
Negative Multiple-Arbitrage ab 2021
Da die Bewertungen die Vorkrisenniveaus inzwischen nicht nur erreicht, sondern in vielen Sektoren sogar überwunden haben, droht sich der Multiple-Effekt in den nächsten Jahren nun umzukehren. Für dieses Jahr prognostiziert PwC eine Multiple-Arbitrage von 0, die sich nächstes Jahr dann noch einmal auf 0,7x Ebitda erholen könnte.
Doch dann kommen schwere Jahre auf die PE-Branche zu: Für die Jahre 2021 bis 2023 weisen die Kalkulationen des Beratungshauses auf negative Multiple-Effekte von minus 0,3x Ebitda (2021), minus 0,4x Ebitda (2022) und sogar minus 1,2x Ebitda im Jahr 2023 hin. „Die Rahmenbedingungen für Private Equity werden sich spürbar verändern“, warnt PwC-Private-Equity-Experte Steve Roberts.
„Die Rahmenbedingungen für Private Equity werden sich spürbar verändern.“
Private Equity braucht schon jetzt länger als früher
Diese Berechnungen stützt PwC auf eine Methodik, die auf zwei Säulen beruht: Das PE-Team der Unternehmensberatung hat die Entwicklung der Multiples und der Halteperioden der PE-Investments übereinander gelegt. Die bisher in diesem Jahr verkauften Unternehmen befanden sich demnach im Schnitt 5,4 Jahre in Private-Equity-Hand, etwa ein Viertel länger als 2006 – damals waren es 4,4 Jahre. „Angesichts der hohen Einstiegspreise benötigt Private Equity einfach mehr Zeit, um die Zielrenditen zu realisieren“, merkt PwC lakonisch an. Die Beratung geht sogar davon aus, dass die Haltedauer weiter in Richtung sechs Jahre ansteigen wird.
Das durchschnittliche Kaufpreis-Multiple hingegen hat laut PwC zwischen 2015 und 2019 von 9,1 auf 10,9x Ebitda angezogen. Die Vorhersagen zur künftigen Entwicklung der Multiple-Arbitrage beruhen auf der Annahme, dass die Halteperioden und die Bewertungen in den nächsten Jahren auf dem Durchschnitt der vergangenen Jahre verharren werden. „Ein Rückgang der Multiples oder eine Verlängerung der Halteperioden würde den negativen Trend sogar noch verstärken“, stellt PwC klar.
PE-Investor Grede bei FINANCE-TV
Selbst wenn die Multiples ihren Anstieg im gleichen Tempo wie zuletzt fortsetzten, würde sich der Eintritt der negativen Multiple-Arbitrage lediglich so lange hinauszögern, bis die 2018 eingekauften Unternehmen Exit-reif seien – keine guten Aussichten für die erfolgsverwöhnte Private-Equity-Branche.
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