Die Lage beim deutsch-schweizerischen Stahlkonzern Schmolz+Bickenbach spitzt sich weiter zu. Die S+B KG hat am Freitag nach der Generalversammlung beim Handelsregisteramt Luzern eine Registersperre für die rettende Kapitalerhöhung erwirkt. In einer Mitteilung von heute „verurteilt“ der Verwaltungsrat das Vorgehen der KG „als nicht akzeptable Obstruktion“, das dem Unternehmen und den Aktionären erheblichen Schaden zufügen könne. „Mit Befremden“ habe der Verwaltungsrat des Stahlkonzerns die Registersperre und das angekündigte Übernahmeangebot der Renova zur Kenntnis genommen. Am Freitag hatte die KG einen Anteil von 20,5 Prozent an Schmolz+Bickenbach an Renova verkauft.
Seit Wochen gibt es Wirbel bei Schmolz+Bickenbach. Die Fronten zwischen dem Verwaltungsrat auf der einen Seite und den Erben der Unternehmensgründer, der Hauptaktionärin S+B KG, und die von Viktor Vekselberg kontrollierte russische Renova auf der anderen Seite, haben sich nun offenbar weiter verhärtet. Ausgangspunkt für den Streit war ein erfolgloser Antrag bei der Schweizer Übernahmekommission, gestellt von Renova und der S+B KG.
Mit der Registersperre wird jetzt die beim Stahlhändler dringend benötigte Kapitalerhöhung verhindert. Die S+B KG und Renova verlangen eine Kapitalerhöhung von 434 Millionen Franken, der Verwaltungsrat hingegen 330 Millionen Franken. Die Kapitalerhöhung über 330 Millionen Schweizer Franken war bereits von der Generalversammlung beschlossen worden, schreibt der Verwaltungsrat nun. Er wolle die KG und Renova für den Schaden aus der Sperre „vollumfänglich haftbar“ machen.
„Die Parteien sollten sich dringend wieder an einen Tisch setzen“, rät ein Analyst, der lieber anonym bleiben möchte. Zwar sei der Streit nicht unmittelbar bestandsgefährdend für den Stahlkonzern, doch die immer wieder neu aufgebrachten rechtlichen Unsicherheiten würden eine künftige Kapitalerhöhung zusätzlich erschweren. „Das könnte letztendlich gefährlich werden“, sagt der Analyst.
Schmolz + Bickenbach benötigt dringend neues Eigenkapital
Klar ist jedoch, dass Schmolz+Bickenbach sein Eigenkapital stärken muss. 2012 schrumpfte es von 844 auf 640 Millionen Euro – ein Minus von 24 Prozent. Zugleich ist das Unternehmen mit Nettofinanzverbindlichkeiten von 932 Millionen Euro mit Stand Ende März 2013 hoch verschuldet. Im April konnte Schmolz-CFO Hans-Jürgen Wiecha zumindest einen Etappensieg erzielen. Banken hatten Anpassungen bei bestehenden Kreditverträgen des Unternehmens nach Covenant-Brüchen genehmigt. Damals hatte der Verwaltungsrat sich noch offen gegenüber einer Beteiligung von Renova gezeigt.
Eine einvernehmliche Lösung für das hochverschuldete Unternehmen scheint durch den weiter eskalierten Streit in noch weitere Ferne gerückt zu sein. Doch egal, wie der Streit ausgehen und welches Lager sich letztendlich bei dem erbitterten Machtkampf durchsetzen wird, er geht zu Lasten des Unternehmens.