Die Übernahme von Osram bleibt für AMS vorerst unvollendet. Statt der Mindestannahmeschwelle von 62,5 Prozent der Osram-Aktien konnte der österreichische Sensorikhersteller mit seinem Übernahmeangebot lediglich 51,6 Prozent der Anleger begeistern. Dabei hatte AMS sein Angebot zuletzt auf 41 Euro pro Aktie aufgestockt. Osram-Vorstandschef Olaf Berlien zeigte sich selbstbewusst: „Nach dem Scheitern der bisherigen Übernahmeversuche behalten wir jetzt unsere Eigenständigkeit und gestalten unsere Zukunft selbst.“
AMS nun größter Osram-Aktionär
Ob Osram seine Zukunft wirklich völlig frei von äußeren Einflüssen gestalten kann, scheint allerdings fraglich. Denn trotz der Niederlage bleiben für AMS-CEO Alexander Everke „die strategische Logik und die bedeutenden Vorteile der Kombination von AMS und Osram weiter gültig.“ Und AMS hat durchaus die Möglichkeit, auf die Entwicklung des Münchener Konzerns künftig Einfluss zu nehmen: Zwar bleibt Osram nun vorerst eigenständig, allerdings sind die Grazer durch Aktienkäufe von knapp 20 Prozent nun größter Aktionär.
Everke will auf dieser Position nach eigenem Bekunden „im Dialog mit der Osram-Führung“ aufbauen um weiter „den vollen Erwerb zu verfolgen“.
Zunächst einmal hat AMS beste Chancen, über eine Präsenz im Aufsichtsrat und seine starke Stellung auf der kommenden Hauptversammlung Einfluss zu nehmen. Mit vollkommen offenen Armen dürften die Österreicher allerdings nicht empfangen werden. So hatten Osram Chef Berlien und Aufsichtsratsvorsitzender Peter Bauer zwar die Annahme der AMS-Offerte empfohlen, gleichzeitig aber keine eigenen Aktien angedient. Sie hatten unter anderem auf mangelnde Erfahrung der AMS-Führung und die offene Strategiefragen verwiesen.
Osram-Papiere geben nach
Einige Marktbeobachter sehen sogar einen Charme darin, dass Osram und AMS nun zunächst eher Kooperationen ausloten, anstatt gleich zu fusionieren. Zu groß war die Angst, die deutlich kleinere AMS könnte sich mit einer Übernahme und Vollintegration von Osram verheben. Während AMS 2018 auf einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro kam, erzielte Osram einen fast dreimal so großen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro.
FINANCE-Köpfe
AMS hatte sich für die Akquisitionsfinanzierung eine Brückenfinanzierung über 4,4 Milliarden Euro von HSBC, UBS und der Bank of America Merrill Lynch zusagen lassen und wollte zudem 1,6 Milliarden Euro über eine Kapitalerhöhung einsammeln. Das bisher eingesammelte 20-prozentige Osram-Aktienpaket dürfte die Grazer dagegen rund 800 Millionen Euro gekostet haben.
Nach dem Scheitern der Offerte verloren die Osram-Titel am Montagmorgen 4,4 Prozent und rutschten auf Werte um 39,15 Euro. Der günstigere Kurs böte auch AMS die Möglichkeit, weitere Osram-Aktien über die Börsen einzusammeln. Erst bei einer Schwelle von 30 Prozent würde für die Österreicher ein neues Pflichtübernahmeangebot fällig.
Kommen Finanzinvestoren mit neuem Osram-Angebot?
Nicht zuletzt hat auch der Finanzinvestor Bain Capital mit seinem neuem Partner Advent angekündigt, ein Angebot für Osram abgegeben zu wollen. Völlig aus dem Rennen sind die Private-Equity-Investoren noch nicht.
Allerdings gab es bereits eine ältere Offerte von 35 Euro je Aktie, welche Bain Capital noch gemeinsam mit Carlyle ausgeben hatte. Aus diesem Grund könnte die Bafin den Private-Equity-Häusern einen Strich durch die Rechnung machen. Je nach Auslegung der Bieterpartei wäre es möglich, dass Bain ein Jahr lang kein Angebot für Osram abgeben darf. Ohnehin ist Osram für die Investoren mit dem starken Ankeraktionär aus Österreich weniger attraktiv. Formal bleibt Osram weiterhin eigenständig. Allerdings dürfte für die Münchener eine Zeit der engen Kooperation mit AMS anbrechen.
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