Wiedersehen macht Freude: Der österreichische Halbleiterkonzern AMS sieht sich anscheinend doch wieder in der Lage, ein Übernahmeangebot für Osram abzugeben. So teilte der Konzern bei seiner Zahlenvorlage für das zweite Quartal 2019 mit, eine mögliche Transaktion mit Osram weiter prüfen zu wollen. Das Unternehmen sei von namentlich nicht genannten Adressen kontaktiert worden. Dadurch erscheint ein Übernahmeangebot für Osram den Österreichern nun doch wieder finanzierbar. „AMS hat festgestellt, eine umsichtig strukturierte Finanzierungszusage für eine derartige potentielle Transaktion arrangieren zu können“, ließ AMS gestern am späten Abend verlauten.
AMS verwirrt mit Zickzackkurs
Dabei hatte das Grazer Unternehmen das Osram-Projekt eigentlich schon wieder ad acta gelegt. Am Montagabend der vergangenen Woche hatte der Halbleiterhersteller mitgeteilt, ein unverbindliches Übernahmeangebot zu 38,50 Euro unterbreiten zu wollen. Der daraus resultierende Übernahmekampf mit den Finanzinvestoren Bain und Carlyle dauerte dann aber nicht einmal sechs Stunden an. Dann zog sich das Unternehmen aus der Steiermark wieder zurück. Zuvor hatte das Management von Osram öffentlich die Finanzkraft von AMS angezweifelt und die Transaktionswahrscheinlichkeit als „sehr gering“ eingeschätzt.
An der Börse kam die wieder entflammte Hoffnung auf einen möglichen zweiten Bieter gut an, die Osram-Aktie sprang um 3 Prozent nach oben. Allerdings liegt sie mit knapp 34 Euro immer noch sowohl unter den 35 Euro, die Bain und Carlyle je Aktie bieten, als auch unter den 38,50 Euro, die AMS in der vergangenen Woche in Aussicht gestellt hatte. Auch die in der Schweiz gelistete Aktie von AMS konnte um mehr als 2 Prozent zulegen.
Osram müsste fast 10 Prozent Zinsen zahlen
Unterdessen kommen Bain Capital und Carlyle mit ihrem Übernahmeprojekt voran. Durch die Veröffentlichung der Angebotsunterlage ist nun auch detailliert bekanntgeworden, wie genau sie die 4 Milliarden Euro schwere Übernahme finanzieren wollen. Allein 3,4 Milliarden Euro würde es die neuen Eigentümer kosten, alle ausstehenden Aktien von Osram zu erwerben.
Und die Eckdaten der geplanten Finanzierung haben es in sich: So kämen auf das Münchener Unternehmen durch die Übernahme deutlich höhere Zinsen zu. Sollten Bain und Carlyle zum Zug kommen und ihre Finanzierung wie geplant aufsetzen, müsste Osram fortan 116 Millionen Euro pro Jahr an Zinsen auf Kredite in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zahlen. Dies wäre mehr als der gesamte operative Gewinn (Ebitda), den der in Restrukturierung befindliche Konzern in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2019/20 erwirtschaftet hat.
Die Kredite kommen von Credit Suisse, Goldman Sachs, der Deutschen Bank, Nomura und Macquarie. Die Euro-Tranchen werden mit 7,75 Prozent verzinst, die Dollar-Tranchen sogar mit 9,75 Prozent.
Osram-Aktionäre können sich nun fast sieben Wochen überlegen, ob sie ihre Anteile veräußern wollen. Die Übernahme kommt nur zustande, wenn Bain und Carlyle bis zum 5. September mindestens 70 Prozent der Aktien eingesammelt haben.
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