Das ThyssenKrupp-Management schwenkt offenbar bei der Trennung von der Aufzugsparte auf den Verkaufskurs um. Dies berichtet das „Handelsblatt“, das schreibt, dass der geplante Börsengang der Aufzugsparte damit unwahrscheinlicher werde. Der Wirtschaftszeitung zufolge soll das Thyssen-Management um CEO Guido Kerkhoff und den von Bayer gekommenen Finanzchef Johannes Dietsch jüngst einen Brief an potenzielle Kaufinteressenten geschrieben haben, mit der Aufforderung zur „zeitnahen“ Abgabe eines Kaufangebots.
Finanzinvestoren haben offenbar schon Hände gehoben
Der Mischkonzern, dessen Aktie in wenigen Wochen den Dax verlassen muss, gab an, dass nicht nur ein möglicher Börsengang der Sparte vorbereitet werde, sondern auch „Interessensbekundungen“ potenzieller Käufer geprüft würden. Wörtlich zitiert das Handelsblatt einen ThyssenKrupp-Sprecher: „Deshalb haben wir einen strukturierten Prozess für die Bewertung von Angeboten eingeleitet, mit dem wir sicherstellen, dass unsere Entscheidung für ThyssenKrupp und seine Stakeholder nachhaltig und die beste ist.“
Kerkhoff und Dietsch forcieren den M&A-Prozess wohl nicht nur, weil die aktuelle Börsenlage IPOs nur schwer möglich macht – siehe Conti-Powertrain –, sondern auch, weil es zu einem Bieterwettstreit zwischen strategischen Interessenten wie Kone aus Finnland oder Otis aus den USA sowie Finanzinvestoren kommen könnte. Fast allen großen Beteiligungsgesellschaften wird Interesse nachgesagt. Ein derart großes und profitables Unternehmen wie die Aufzugsparte von ThyssenKrupp kommt nur selten auf den M&A-Markt. Es wird mit Geboten im Bereich von 15 Milliarden Euro gerechnet.
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Die Aufzugsparte erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/2018, das am 30. September 2018 endete, einen Umsatz von 7,6 Milliarden Euro. Damit ist Elevator Technology die viertgrößte Geschäftssparte nach Materials Services (14,7 Milliarden Euro), Steel Europe (9,5 Milliarden Euro) und Components Technology (7,9 Milliarden Euro).
Die Aufzüge stehen damit zwar nur für knapp 20 Prozent der Thyssen-Konzernumsätze von 42,7 Milliarden Euro, aber die Profitabilität ist deutlich höher als bei den übrigen Sparten. Die Aktionäre freuen sich über die Konkretisierung der Verkaufsbemühungen: Die ThyssenKrupp-Aktie legte nach Aufkommen der Berichte am heutigen Mittwochmittag um etwas mehr als 3 Prozent zu und notiert bei knapp 11 Euro. Vor einem Jahr kostete die Aktie aber noch über 20 Euro.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.