Die schon einmal gescheiterte Übernahme des Arzneimittelherstellers Stada durch die Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven steht auch im zweiten Anlauf wieder auf Messers Schneide. So läuft bereits am kommenden Mittwoch (16. August) die Annahmefrist aus, bis zum gestrigen Mittwoch Abend hatten aber erst 31 Prozent der Stada-Aktionäre ihre Aktien angedient. Das geht aus einer Kapitalmarktmitteilung hervor.
Für die beiden Private-Equity-Investoren muss sich das wie ein unangenehmes Déjà-Vu anfühlen, denn bereits der erste Übernahmeversuch verlief nur schleppend und scheiterte Ende Juni schließlich, weil die Mindestannahmequote verfehlt wurde, obwohl die Kaufinteressenten die Schwelle zuvor gesenkt hatten. Bedenklich: Damals hatten die Investoren eine Woche vor dem Auslaufen ihres Angebots bereits mehr Anteile sicher als jetzt.
Bain und Cinven kämpfen seit Monaten um Stada
Bain und Cinven kämpfen schon seit Anfang des Jahres um Stada und haben bereits viel Zeit und Geld in die Übernahme gesteckt. Sie hatten sich im April gegen ein zweites PE-Konsortium aus Advent und Permira durchgesetzt, indem sie ihr Angebot von 58 auf 66 Euro je Aktie erhöht hatten. Zur Finanzierung holten sie sich von einem Bankenkonsortium die Zusage für einen 2,6 Milliarden Euro schweren Übernahmekredit.
Da die Aktionäre ihre Anteile nur sehr zögerlich andienten, senkten die Investoren die ursprüngliche Annahmequote von 75 auf 67,5 Prozent und verlängerten das Angebot um zwei Wochen. Trotzdem scheiterte die Übernahme denkbar knapp.
Um die Chancen im zweiten Anlauf zu erhöhen, senkten die beiden Investoren die Annahmeschwelle nochmals auf 63 Prozent und erhöhten den Preis je Aktie leicht auf 66,25. Zudem sicherten sie sich knapp 20 Prozent der Stada-Aktien vorab. Nach Gesprächen mit Investoren schienen Bain und Cinven die Wahrscheinlichkeit, dass die Übernahme gelingt, offenbar als hoch genug einzuschätzen.
Hedgefonds spielen bei Stada auf Zeit
Doch vor allem die professionellen Stada-Investoren pokern. Nach Unternehmensangaben liegt rund die Hälfte der Aktien inzwischen in den Händen von Hedgefonds. 24 Prozent liegen bei privaten Investoren, von denen beim ersten Anlauf nur etwas mehr als die Hälfte ihre Anteile zum Kauf angedient hatten.
Traditionell eine große Aktionärsgruppe bilden bei Stada Apotheker, aus deren Umfeld der Konzern einst entstanden war. Viele von ihnen würden Stada lieber eigenständig sehen als in Private-Equity-Hand. Bain und Cinven werben seit einigen Tagen offensiv mit einer Anzeigenkampagne speziell um das Vertrauen dieser wichtigen Aktionärsgruppe.
Stada-Chef Willink warnt vor einem erneuten Scheitern
Der neue Stada-Chef Engelbert Tjeenk Willink fürchtet, dass Stada zum Spielball kurzfristig orientierter Hedgefonds werden könnte, wenn die Übernahme auch im zweiten Anlauf misslingt und sich die Private-Equity-Interessenten zurückziehen. Die Folgen könnten eine „mögliche feindliche Übernahme oder eine nachfolgende Zerschlagung des Unternehmens“ sein – Schritte, die den Hedgefonds einen schnellen und kursschonenden Wiederausstieg ermöglichen würden.
Mit den beiden Finanzinvestoren als Eigentümer habe Stada hingegen gute Chancen, wettbewerbsfähiger und internationaler zu werden, warb Willink für den Deal. Er war erst vor wenigen Wochen an die Stada-Spitze gerückt, nachdem CEO Matthias Wiedenfels und CFO Helmut Kraft überraschend beide zurücktraten.
Info
Die Chronologie der Übernahmesaga um den hessischen Generikahersteller können Sie hier auf der FINANCE-Themenseite zu Stada nachlesen. Mit der Themenseite zu Private Equity bleiben darüber auf dem Laufenden, was die Welt der Finanzinvestoren bewegt.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.