Das kuriose M&A-Drama um den Verkauf des operativen Geschäfts vom Balda geht völlig überraschend in noch eine Runde. Seit 10 Uhr heute morgen läuft in Hannover die Hauptversammlung des Unternehmens. Dort sollte eigentlich der Verkauf an die italienische Industriegruppe Stevanato beschlossen werden. Doch die Düsseldorfer Industrieholding Heitkamp & Thumann legte soeben ein neues Angebot vor. 90 Millionen Euro bietet sie für das operative Geschäft des Kunststoffspezialisten und damit 10 Millionen Euro mehr als Stevanato. Außerdem reduziert H&T die Haftungshöchstgrenze für die Balda-Gruppe aus den vertraglichen Gewährleistungen von 11,1 Millionen Euro auf EUR 5,4 Millionen Euro.
Vorstand und Aufsichtsrat signalisieren Zustimmung für das neue Angebot: Man habe das Angebot geprüft und halte es für zustimmungsfähig, heißt es. Bis morgen um 9 Uhr hat Balda Zeit, das Angebot anzunehmen.
Stevanato hatte H&T beim Bieterkampf im Dezember noch in letzter Minute ausgestochen. Auf der vergangenen Hauptversammlung hatten zwar 97,4 Prozent der anwesenden Aktionäre dem Angebot von H&T über 74 Millionen Euro zugestimmt. Doch die Italiener hatten schon vorab ein besseres Angebot angekündigt. Heute sollten die Aktionäre über den neuen Deal abstimmen und gleichzeitig ihre Zustimmung zum Verkauf des Geschäfts an H&T zurückziehen.
H&T bessert Angebot für Balda zum dritten Mal nach
Wie groß das Interesse von H&T an dem Unternehmenseinheiten von Balda ist, zeigt der Blick zurück. Bereits im vergangenen Oktober bot die Industrieholding 70 Millionen Euro für das Geschäft, obwohl Balda bereits einen Kaufvertrag mit dem PE-Investor Paragon abgeschlossen hatte. Beide Parteien zogen nach, H&T stockte das Angebot auf 74 Millionen auf.
Mit dem jetzigen Nachschlag erhöht H&T sein Angebot damit zum dritten Mal. Die Höhe des Angebots zeigt, dass die Düsseldorfer es ernst meinen: Sie haben ihr ursprüngliches Angebot um mehr als 28 Prozent aufgestockt. An der strategischen Relevanz des Kunststoffspezialisten Balda, der im Geschäftsjahr 2014/2015 einen Umsatz von 85,4 Millionen Euro erwirtschaftete, scheint bei H&T also kein Zweifel zu bestehen.
Der M&A-Markt läuft heiß
Ob die neue Offerte für Balda jetzt das Ende des Übernahmekampfs einläutet, ist noch nicht klar. Balda ist ein Paradebeispiel für den heißen Kampf um interessante M&A-Targets, der gerade tobt.
Sowohl Unternehmen als auch Private-Equity-Investoren sind stark auf der Suche nach Übernahmezielen. Der Konkurrenzkampf ist hoch, und das treibt die Preise. M&A-Chefs aus Unternehmen und M&A-Berater sind mittlerweile der Ansicht, dass in vielen Transaktionen derzeit überhöhte Preise gezahlt werden. Mehr über den hohen Druck am M&A-Markt lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von FINANCE, die heute erschienen ist.
antonia.koegler[at]finance-magazin.de
Info
Die ganze Geschichte über die bizarre Übernahmeschlacht lesen Sie auf unserer Themenseite zu Balda.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.