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Chinesen wollen Biotest für 1,3 Milliarden Euro übernehmen

Plasmafraktionierung bei Biotest: Der hessische Pharmakonzern könnte einen chinesischen Eigentümer bekommen.
Biotest

Das Pharmaunternehmen Biotest verhandelt mit dem chinesischen Investor Creat Group Corporation über eine Übernahme. Das teilte das SDax-Unternehmen aus Dreieich bei Frankfurt in der Nacht zum heutigen Donnerstag mit. Vorstand und Aufsichtsrat von Biotest unterstützen demnach die angestrebte Akquisition.

Die Chinesen wollen 19 Euro je Vorzugsaktie zahlen, das entspricht in etwa dem, was das Papier am Mittwoch zum Ende des Xetra-Handels wert war. Für die Stammaktien will Creat hingegen 28,50 Euro pro Stück bieten – das wäre ein Aufschlag von rund 43 Prozent. Vor allem für die Gründerfamilie Schleusner, die über ihr Vehikel Ogel gut die Hälfte der Stammaktien hält und das SDax-Unternehmen damit kontrolliert, wäre der Verkauf demnach ein lukrativer Deal.

Der Equity Value von Biotest liegt gemessen an dem Creat-Angebot damit bei rund 940 Millionen Euro. Inklusive der Nettofinanzverschuldung und Pensionsrückstellungen in Höhe von insgesamt 360 Millionen Euro bewertet Creat die Hessen mit 1,3 Milliarden Euro. Bei einem operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 87 Millionen Euro, das Biotest 2016 erwirtschaftete, entspricht dies einem Multiple von 15x. Die Stammaktie sprang heute Vormittag bereits um knapp 20 Prozent auf fast 24 Euro.

Biotest-Gründerfamilie verhandelt mit Creat

Wie Biotest betont, gibt es derzeit allerdings keine Garantie, dass Creat tatsächlich ein Angebot vorlegen wird: Die Due Diligence läuft noch, auch die erforderlichen Finanzierungszusagen müssen die Chinesen noch einholen. Der Biotest-Vorstand um CFO Michael Ramroth lässt sich bei den Verhandlungen von der Credit Suisse als Financial Advisor beraten.

Zudem bemüht sich der Investor gerade um eine Vereinbarung mit der Familienholding Ogel. Die Kreissparkasse Biberach, die rund 15 Prozent der Stammaktien hält, sowie die LBBW-Tochter BWInvest, die 7,4 Prozent besitzt, sind dagegen nicht in die Verhandlungen mit dem Investor eingebunden, wie ein Sprecher des Unternehmens gegenüber FINANCE erklärte. Die restlichen rund 27 Prozent befinden sich im Streubesitz, ebenso wie sämtliche Vorzugsaktien von Biotest.

Angesichts der laufenden Verhandlungen kündigte Biotest heute an, die ursprünglich für den 10. Mai anberaumte Hauptversammlung auf einen späteren Termin zu verschieben. Dieser solle zeitnah mitgeteilt werden, hieß es aus Dreieich.

Biotest: Investitionen belasten laufendes Geschäftsjahr

Biotest legte heute auch Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2016 vor: Demnach setzte das Unternehmen 610,4 Millionen Euro um, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) belief sich auf 64 Millionen Euro. Unter dem Strich stand dagegen ein Verlust von knapp 46 Millionen Euro, der zu einem erheblichen Teil auf die Restrukturierung des US-Geschäfts zurückzuführen ist.

Biotest stemmt zudem gerade die größte Investition der Firmengeschichte, auch diese Kosten lasten auf der Profitabilität. Neben der Verstärkung von F&E-Aktivitäten will das Management die Produktionskapazität von Blutplasmaprodukten bis 2022 mehr als verdoppeln. Der chinesische Investor Creat unterstütze diese Pläne, teilte Biotest mit. Offenbar erhofft sich das Management von den Chinesen finanzielle Unterstützung bei den notwendigen Investitionen.

Denn die Inbetriebnahme dauert noch: Neue Produkte dürften erst 2019/2020 in den Vertrieb gehen, heißt im Geschäftsbericht. Dies belastet auch den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2017: Das Unternehmen rechnet lediglich mit einem Umsatzwachstum im niedrigen einstelligen Prozentbereich, der operative Gewinn des Kerngeschäfts soll von 64 auf 48 Millionen Euro zurückgehen.

Zudem wird das Expansionsprojekt für Belastungen in Höhe von 60 bis 70 Millionen Euro sorgen. Der Grund seien „klinische Entwicklungskosten und steigende Anlaufkosten“. Analysten der Investmentbank Equinet zeigten sich in ersten Stellungnahmen vom Ausblick enttäuscht: Man habe erwartet, dass Biotest das derzeitige Profitabilitätsniveau zumindest halten werde.

Das Pharmaunternehmen musste zuletzt einige Rückschläge einstecken: So wurde vergangene Woche bekannt, dass sich der langjährige Biotest-Kooperationspartner ImmunoGen doch nicht an der Entwicklung und Vermarktung eines wichtigen Medikamentes für Heilung von Knochenmarkserkrankungen beteiligen will. Der US-Flop hatte die Biotest-Aktie zwischenzeitlich deutlich einbrechen lassen.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Michael Ramroth ist seit über 13 Jahren CFO von Biotest. Mehr über den Werdegang des Finanzchefs finden Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil zu Michael Ramroth.