Die lange schwelenden Übernahmegerüchte um den Arzneimittelhersteller Stada nehmen konkrete Züge an. Wie das Unternehmen aus dem hessischen Bad Vilbel bekanntgab, hat der Private-Equity-Investor Cinven eine „rechtlich unverbindliche Interessensbekundung“ abgegeben – genauso wie Branchennachbar Advent.
Cinven bietet 56 Euro je Stada-Aktie, was einem Aufschlag von 13 Prozent zum Xetra-Schlusskurs des Unternehmens entspricht. Cinven bewertet den Arzneihersteller demnach mit einem Börsenwert von 3,5 Milliarden Euro. Die Höhe des Advent-Gebots ist nicht bekannt.
Zum Ende des dritten Quartals 2016 kam Stada auf eine Nettoverschuldung von 1,2 Milliarden Euro. Entsprechend bewertet Cinven Stada inklusive Net Debt mit 4,7 Milliarden Euro. Gemessen am angepassten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) aus dem Jahr 2015 in Höhe von 390 Millionen Euro entspricht dies einem Ebitda-Multiple von 12,1. In den ersten neun Monaten 2016 lag das Stada-Ebitda 2 Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Private-Equity-Investoren gehen die Ziele aus
Für einen Hersteller von Generika ist das ein hohes Angebot. Es unterstreicht, wie groß der Druck der Private-Equity-Investoren ist, an Zukaufsziele zu kommen. Derzeit befindet sich viel Geld im Markt, aber wenige Investmentmöglichkeiten.
Besonders selten rücken Milliardentargets wie Stada in greifbare Nähe für Private-Equity-Investoren – auch, weil kaufwillige Konzerne am Ende meist die höhere Bewertung bezahlen. Das erklärt das gesteigerte Interesse an Stada.
Medienberichten zufolge sollen zudem noch weitere Private-Equity-Investoren wie Permira und CVC Interesse an den Hessen haben. Stada stellt Generika sowie rezeptfreie Arzneien wie etwa Grippostad her. Die Aufspaltung der Sparten Generika und Arzneien könnte sich für PE-Häuser als attraktives Investment erweisen, vermuten Branchenkenner.
Auch der Kapitalmarkt erwartet offenbar einen Bieterwettkampf: Die Stada-Aktie legte am heutigen Montagmorgen um 14,5 Prozent auf zeitweise über 57 Euro zu. Die Wertpapiere liegen also über dem Gebot von Cinven.
Aktivist AOC freut sich über Interesse an Stada
Ein Bieterwettkampf würde vor allem den derzeitigen Stada-Großaktionär und Aktivist Active Ownership (AOC) freuen. Wenn der Kaufpreis auf 58 Euro je Aktie steigt, hätte AOC den Wert seines Investments binnen eines Jahres fast verdoppelt. Ein Kaufpreis über 60 Euro je Aktie gilt indes als unwahrscheinlich.
AOC hatte sich im vergangenen Frühjahr bei Stada eingekauft und verlangte schnell nach einschneidenden Veränderungen. Einige Wochen später ging der langjährige CEO Hartmut Retzlaff von Bord, nach Angaben von Stada aufgrund gesundheitlicher Probleme. Im Sommer 2016 musste Stada dann auf Drängen AOCs beinahe den kompletten Aufsichtsrat austauschen. Auch die vergleichsweise hohe Vorstandsvergütung, die AOC stets ein Dorn im Auge war, hat Stada mittlerweile angepasst.
jakob.eich[at]finance-magazin.de
Info
Seit einem Jahr sorgt AOC bei Stada für Tumulte. Ruhe ist nach der M&A-Offerte nicht in Sicht. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserer FINANCE-Themenseite Stada. Eine ausführliche Analyse zur Situation bei den Hessen finden Sie im FINANCE-Magazin Juli/August 2016, das Sie hier als E-Paper herunterladen können.
Aktivisten attackieren zunehmend deutsche Unternehmen. Welche Konzerne betroffen sind, erfahren Sie auf unserer Themenseite Aktivistische Investoren.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.