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Creditshelf nimmt Commerzbank Vorzeigeprojekt ab

Creditsehlf könnte bald profitabel sein. Foto: sborisov/iStock/Getty Images Plus

Der digitale Mittelstandsfinanzierer Creditshelf übernimmt die Peer-to-Peer-Lending-Plattform Main Funders von der Commerzbank. Die Höhe des Kaufpreises wurde nicht genannt.

Die beiden Parteien kündigten auch an, in Zukunft im Bereich der Kreditvergabe kooperieren zu wollen. Die Zusammenarbeit soll folgendermaßen aussehen: Die Commerzbank will ausgewählte Kreditanfragen, die bislang dem Profil von Main Funders entsprachen, künftig an Creditshelf vermitteln. Wenn der potentielle Kreditnehmer es erlaube, könne Creditshelf daraufhin mit dem interessierten Geschäftskunden in Kontakt treten. Gleichzeitig bekommt die Commerzbank eine Provision je vermitteltem Kredit.

Die Parteien streben auf diese Weise an, noch in diesem Jahr Kredite im „höheren zweistelligen Millionenbereich“ zu vermitteln. FINANCE-Informationen zufolge soll das Volumen für 2019 in etwa bei 30 Millionen Euro liegen.

Creditshelf erhofft sich starkes Wachstum

Für Creditshelf wäre das ein enormer Zuwachs. Mittelfristig strebt das börsennotierte Fintech zwar an, jährlich Kredite im Volumen von 500 Millionen Euro zu vermitteln. Im Geschäftsjahr 2018 war man mit einem Volumen von 50 Millionen Euro jedoch noch ein gutes Stück davon entfernt.

Die Commerzbank-Kooperation ist nicht exklusiv und soll laut Creditshelf-CEO Tim Thabe nur ein wichtiger Schritt sein, um die halbe Milliarde möglichst schnell zu erreichen: „Mit dieser für uns wichtigen Vereinbarung treten wir in eine Pilotphase ein, die den Grundstein für weitere Bankenkooperationen legt und das Potential birgt, das Volumen der über Creditshelf arrangierten Kredite auf eine neue Ebene zu heben“, lässt er sich zitieren.

Weitere Banken könnten also bald angeschlossen werden. Viele Firmenkunden-Fintechs sind zuletzt offener geworden für eine Zusammenarbeit mit großen etablierten Banken – auch, weil es vielen von ihnen nicht gelang, den Markt allein zu erobern. Das ist ein zentrales Ergebnis der FINANCE-Studie „Liebe auf den dritten Blick – Wie Firmenkunden-Fintechs und Banken zusammenfinden“. 

Ob die Marke Main Funders weitergeführt wird, ist noch nicht bekannt. Sie soll nach FINANCE-Informationen aber keine zentrale Bedeutung in den Überlegungen von Creditshelf haben.

Main Funders war für Commerzbank kein Erfolg

Die Commerzbank schließt durch den Deal mit Creditshelf das Kapitel Main Funders in großen Teilen. Das Institut hofft laut Mitteilung nun, durch die Zusammenarbeit mit Creditshelf ihre „breite Palette an Finanzierungsmöglichkeiten“ erweitern zu können.

Die Commerzbank hatte Main Funders vor fast drei Jahren als Vorzeigeprojekt gestartet, mit dem kleinere Mittelständler und institutionelle Investoren zueinander finden sollten. Über Main Funders wollte die Commerzbank Finanzierungsvolumina zwischen 200.000 Euro und 10 Millionen Euro bedienen. Das Start-up sei „als Plattform eine wichtige Basis“ im Rahmen der Digitalisierungs- und Fintech-Strategie, hieß es damals.

Doch zuletzt war es still um Main Funders und die Commerzbank geworden, die Geschäfte liefen schleppender als erwartet. Vergangenen Juli hatte die Commerzbank gegenüber dem Branchenportal „Finanz-Szene“ zu Protokoll gegeben: „Bei der Main-Funders-Plattform haben wir die Erfahrung gemacht, dass bislang nicht immer alle Risikoprofile von Kreditnehmern auch passend zu den Renditeerwartungen von Investoren sind.“

Creditshelf holte CFO von Commerzbank

Vor allem die Risikobewertung gestaltet sich im kleineren Mittelstand schwierig: „Derzeit lehnen wir von 100 Kreditanfragen zwischen 90 und 95 ab“, hatte Creditshelf-Vorstand Daniel Bartsch vor zwei Jahren gegenüber FINANCE erklärt. Diese Quote will Creditshelf perspektivisch verbessern.

Der Online-Kreditvermittler setzt bei der Kreditvergabe auf einen automatisierten Selektionsprozess, um die Bonität der Darlehensnehmer zu überprüfen. Erst danach prüft ein Analyst die Zahlen und verifiziert diese. Das Ausfallrisiko tragen letztlich die Investoren, die dieses wegen der hohen Renditeerwartung oft in Kauf nehmen.

Seit dem Börsengang im Sommer vergangenen Jahres hat sich Creditshelf immer weiter professionalisiert und unter anderem zu Jahresanfang erstmals einen CFO-Posten geschaffen. Der neue Finanzchef Fabian Brügmann ist von der Commerzbank gewechselt, wo er als Director in der Investor-Relations-Abteilung tätig war.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Fintechs wollen das Banking revolutionieren. Die Banken versuchen, darauf mit Annäherung zu reagieren. Was ihre Pläne sind, erfahren Sie auf der FINANCE-Themenseite Fintech-Strategien.

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.

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