Der Maschinenbauer Dürr, der hauptsächlich Lackieranlagen für die Autoindustrie herstellt, steigt überraschend beim Schwarzwälder Holzmaschinenhersteller Homag ein. Den Großteil der Anteile erwirbt Dürr vom Hauptaktionär von Homag, der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG).
Der Deal ist komplex: Die DBAG verkauft den von ihr kontrollierten Anteil in Höhe von 39,5 Prozent zum Preis von 26 Euro an Dürr. Die Gründerfamilien Schuler und Klessmann, die über einen Aktienpool zusammen insgesamt 25,1 Prozent an Homag halten, reichen 3 Prozent ihrer Homag-Aktien an Dürr weiter und übernehmen im Gegenzug ein namentlich nicht genanntes Tochterunternehmen von Dürr. Zwei weitere Großaktionäre dienen insgesamt 11 Prozent der Homag-Anteile an.
Den freien Aktionären, in deren Händen 35,4 Prozent der Homag-Aktien liegen, wird Dürr ein öffentliches Übernahmeangebot in Höhe von 26,35 Euro je Aktie unterbreiten. Alles zusammengerechnet entspricht dies einem Börsenwert von etwas mehr als 410 Millionen Euro. Hinzu kommen Nettoschulden von rund 70 Millionen Euro. Damit wird Homag mit dem 6,4-fachen des 2013er Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bewertet.
Dürr will Homag nicht hart integrieren
Dank der Vereinbarungen mit Großaktionären hat Dürr jetzt schon Zugriff auf 53,5 Prozent der Homag-Aktien. Außerdem tritt der MDax-Konzern dem Aktionärspool Schuler-Klessmann bei, der dem Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags mit Dürr zustimmen wird. Dank der Allianz mit den Familienaktionären erreicht Dürr die für diesen Schritt nötige Stimmrechtsmehrheit von 75 Prozent.
Dürr plant offensichtlich nicht, Homag hart in den Konzern zu integrieren. Ein Delisting sei nicht angestrebt, teilt Dürr mit. Zudem solle Homag als eigenständiger Unternehmensbereich unter dem Dach des Dürr-Konzerns weitergeführt werden. Dies könnte theoretisch die Chancen erhöhen, dass das erfolgreiche Managementteam um CEO Markus Flik und CFO Hans-Dieter Schumacher an Bord bleibt.
Allerdings gelten Flik und Schumacher als Schützlinge der DBAG, die die beiden Topmanager vor einigen Jahren zu Homag gelotst hatte. Die Dealstruktur hingegen legt den Schluss nahe, dass Dürr von der Schuler-Klessmann-Gruppe als eine Art weißer Ritter ins Spiel gebracht worden sein könnte, denn die Beziehungen zwischen den Familienaktionären und der DBAG sind seit Jahren angespannt. Der Unternehmer Gerhard Schuler ließ sich mit den Worten zitieren, er sei „sehr froh“ über den Einstieg von Dürr. Die starke Rolle, die die Familien Schuler und Klessmann künftig bei Homag spielen dürften, lässt die Zukunft von Flik und Schumacher wieder offen erscheinen.
Für die DBAG endet mit der heutigen Ankündigung – sofern das Kartellamt den Deal durchwinkt, wovon auszugehen ist – eines der längsten Investments der Unternehmensgeschichte. Schon 1997 war der PE-Investor bei Homag eingestiegen und hatte den Maschinenbauer 2007 an die Börse gebracht. Besonders ertragreich war das Investment aber nicht. Zwar konnte die DBAG ihren Einsatz um den Faktor 2,5 vervielfachen. Zurückgerechnet auf die lange Haltedauer entspricht dies jedoch einer für Private-Equity-Verhältnisse unterdurchschnittlichen jährlichen Rendite (IRR).
Dürr-CFO Ralph Heuwing löst sein Luxusproblem
Dürr wiederum unternimmt mit der Übernahme von Homag einen großen Schritt aus seinem Kerngeschäftsfeld heraus. Synergien zum Stammgeschäft sind ebenso wenig zu erkennen wie Einsparungsmöglichkeiten, da zunächst auch die beiden Börsenlistings und Hauptverwaltungen erhalten bleiben sollen.
Allerdings löst Dürr-CFO Ralph Heuwing mit dem M&A-Deal das Luxusproblem der üppigen Nettoliquidität, die sich in Folge mehrerer starker Geschäftsjahre in der Bilanz von Dürr angesammelt hat. Nach Abschluss der Transaktion wird Dürr wieder Nettofinanzschulden ausweisen.
Die Finanzierung der Transaktion ist bereits in trockenen Tüchern. Erst vor wenigen Monaten hatte Dürr zu herausragenden Konditionen neue Anleihen begeben, um damit unter anderem die auslaufende, teure Mittelstandsanleihe abzulösen.