AMS balzt weiter um Osram: Im zweiten Anlauf bei der Osram-Übernahme wirbt der österreichische Sensorhersteller für sein Übernahmeangebot bei den Osram-Aktionären. Die Österreicher legen sich darauf fest, dass sie keine Änderung bei der Zusammensetzung des Osram-Vorstands beabsichtigen. Sie wollen aber nach Vollzug des Übernahmeangebots im Osram-Aufsichtsrat mit einer „der Beteiligung an Osram angemessenen Weise vertreten sein“.
Außerdem betont AMS, dass „derzeit keine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis von Eigen- und Fremdfinanzierung“ von Osram geplant sei. Gleiches gilt gemäß AMS auch für die bislang geführte Dividendenpolitik von Osram.
IG Metall: AMS-Offerte sollte untersagt werden
Die neue AMS-Offerte schmeckt jedoch nicht allen Beteiligten. In zwei Briefen der IG Metall an die Bafin kritisiert die Gewerkschaft das Übernahmeangebot. Der Hauptkritikpunkt der Arbeitnehmervertretung: Das geplante zweite Gebot von AMS sei gemäß dem Paragraphen 26 des deutschen Übernahmegesetzes nicht zulässig und sollte daher von der Bafin abgelehnt werden.
Laut dem Paragraphen 26 darf ein Bieter im Rahmen eines M&A-Prozesses ohne den Segen des Zielunternehmens nicht zwei Mal für dasselbe Unternehmen bieten, sondern muss eine Sperrfrist von einem Jahr abwarten, um erneut ein Übernahmeangebot abgeben zu dürfen.
AMS nutzt Lücke im deutschen Übernahmegesetz
Das deutsche Übernahmegesetz verfügt jedoch über keine handfeste Regelung für den Fall, dass der Bieter zwar eigentlich derselbe ist, er jedoch mit einem anderen Vehikel agiert. Denn im Gesetz ist an der entscheidenden Stelle nur von einem „Bieter“ die Rede und nicht von einem „Bieter und gemeinsam mit ihm handelnden Personen“ wie an anderen Stellen des Gesetzes. Das hat sich AMS zunutze gemacht, und über eine neue hundertprozentige Tochtergesellschaft das zweite Angebot lanciert.
Eine ähnliche Debatte hatte es auch bei dem Private-Equity-Investor Bain gegeben, der zuerst mit Carlyle für Osram bot und sich später mit Advent einen neuen Partner für einen erneuten Anlauf suchte. Die beiden PEs haben sich mittlerweile wieder aus dem Übernahmepoker zurückgezogen, ohne jemals ein verbindliches Angebot veröffentlicht zu haben.
Fall Osram/AMS entfacht Debatte um Paragraphen 26
Der Übernahmekampf um Osram entfacht derzeit eine hitzige Diskussion um das deutsche Übernahmerecht. Einige Rechtsexperten sehen in der aktuellen Praxis der Bafin, die den Begriff des Bieters eher streng und dem Wortlaut nach interpretiert, keine Anwendung des geltenden Paragraphen 26. Hinter vorgehaltener Hand sprechen sie sogar davon, dass der Paragraph in der Praxis gar keine Rolle mehr spiele und hinfällig geworden sei.
Das Bundesfinanzministerium prüft indes, ob die Sperrfrist für ein zweites Gebot desselben Bieters für mehr als nur die formale Bietergesellschaft gelten sollte, berichtete die FAZ am vergangenen Freitag. Selbst wenn es zu einer Änderung des Gesetzes kommen würde, dürfte das für den aktuellen Fall wohl keine Auswirkungen haben.
Entscheidend wird nun sein, wie die Bafin sich verhält. Nach der Veröffentlichung der zweiten AMS-Offerte am 18. Oktober haben die Österreicher vier Wochen Zeit, um die finale Angebotsunterlage bei der Bafin einzureichen – also bis zum 15. November. Im Anschluss daran prüft die Bafin die Unterlage und fällt ihr Urteil – die Prüfung dauert in der Regel zehn Werktage. Rechtsexperten gehen davon aus, dass die Bafin das zweite Angebot von AMS billigen wird. Bis eine finale Entscheidung vorliegt, ob die AMS-Offerte zulässig ist, müssen die Osram-Aktionäre also noch gut einen Monat Geduld üben.
Info
Die wichtigsten Transaktionen der vergangenen Wochen finden Sie im Überblick auf unserer Themenseite M&A-Deals. Hinweise zur Bewertung im Rahmen von Transaktionen liefern unsere aktuellen FINANCE-Multiples. Mehr über den Lichtkonzern lesen Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Osram.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.