Die M&A-Schlacht zwischen den Immobiliengiganten Vonovia und Deutsche Wohnen geht weiter: Wie der Übernahmekandidat Deutsche Wohnen heute morgen bekanntgegeben hat, plant das Management um CEO Michael Zahn und CFO/CIO Lars Wittan, die Inhaber der für den Ausgang der Übernahme wichtigen Wandelschuldverschreibungen mit Cash anstelle von Aktien auszubezahlen. Das Unternehmen beruft sich dabei auf einen Passus in den Anleihebedingungen, der dieses Manöver möglich machen soll.
Vonovia-CFO Stefan Kirsten hat sich wohl verschätzt
Damit hebelt die Deutsche Wohnen den Schachzug des Vonovia-Vorstands vom Beginn der Woche aus. Vonovia-CFO Stefan Kirsten hatte – wohl auch in Folge geringen Interesses an der Kaufofferte – die Annahmeschwelle von 57,1 auf 50 Prozent auf unverwässerter Basis gesenkt. Dadurch bräuchte Vonovia nur noch 44 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien, um die Übernahme zu stemmen. Kirsten setzte voll darauf, dass der Großteil der Wandelanleihe-Gläubiger ihre Call-Option zieht und die neu bezogenen Aktien direkt an Vonovia weiterreicht.
Dem hat die Deutsche Wohnen nun einen Riegel vorgeschoben. „Die Lücke zu den 50 Prozent ist rein technisch“, hatte Kirsten seinen Schritt begründet, die Mindestannahmeschwelle auf nur noch 44 Prozent zu senken – eine Fehleinschätzung, wie sich jetzt zeigt. Nur mit den zusätzlichen Aktien aus der Wandelanleihe hätte Vonovia gute Chancen, tatsächlich die Mehrheit bei der Deutschen Wohnen zu bekommen.
Deutsche-Wohnen-Chef Zahn hatte dieses Manöver von Vonovia hart kritisiert: „Wir nehmen nicht hin, dass die Vonovia das Votum der Deutsche Wohnen-Aktionäre entgegen mehrfachen eigenen Zusicherungen nicht akzeptieren will“ – so begründet er jetzt den Schritt, die Wandelanleihegläubiger in bar auszahlen zu wollen.
Vonovia droht ein heikler Ausgang der Übernahmeschlacht
Durch den Konter der Deutschen Wohnen muss sich Vonovia nun ohne die Hilfe der Wandelanleihe-Investoren 50 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien sichern, um Zugriff auf das M&A-Target zu bekommen und das widerspenstige Management abzulösen. Die Mindestannahmeschwelle erneut verändern kann Vonovia aus rechtlichen Gründen derzeit nicht.
Das lässt einen heiklen Ausgang des Übernahmeangebots näher rücken: Womöglich werden Vonovia genügend Aktien angedient, so dass der Anteil auf 44 Prozent steigt und der Dax-Konzern das Übernahmeangebot vollziehen muss. Es könnte aber passieren, dass Vonovia dann mit einem Anteil von unter 50 Prozent an der Deutschen Wohnen da steht. In dieser Position wären fast 4 Milliarden Euro gebunden, ohne dass der Konzern damit unmittelbar bei der Deutschen Wohnen durchregieren könnte.
Zusätzliche Käufe am freien Markt könnten dann nötig werden, um die 50-Prozent-Hürde noch zu nehmen. Dies dürfte zu einem Kursanstieg der Deutsche-Wohnen-Aktie führen – vor allem dann, wenn sich Hedgefonds und andere spekulative Investoren im Vorfeld für genau dieses Szenario zu positionieren versuchen.
Deutsche Wohnen hat Vonovia auf dem falschen Fuß erwischt
Vonovia reagiert scharf auf die neue Volte des Deutsche-Wohnen-Managements: „Wir beurteilen die Ankündigung der Deutschen Wohnen als bewussten Versuch, den Markt zu verunsichern und unsere attraktive Übernahmeofferte zu vereiteln.“ Vonovia glaubt, dass sich die Investoren, die die Deutsche-Wohnen-Wandler halten, nun „getäuscht fühlen“, da sie das angekündigte Cash-Settlement „zur Grundlage ihrer Anlageentscheidung gemacht haben“. Und auch die Folgen für die Finanzierungsstruktur der Deutschen Wohnen vergisst Vonovia nicht zu erwähnen: „Ein solcher Richtungswechsel würde rund 1 Milliarde Euro kosten und die Verschuldung der Deutsche Wohnen weiter in die Höhe treiben.“
Die Übernahmeschlacht zwischen dem Branchenprimus Vonovia und der Nummer zwei Deutsche Wohnen ist eines der spektakulärsten M&A-Duelle der vergangenen Jahre. Vonovia hatte im Herbst des vergangenen Jahres ein feindliches Übernahmeangebot über 14 Milliarden Euro abgegeben und damit die von dem Konkurrenten geplante Übernahme des Wettbewerbers LEG Immobilien torpediert.
Das Management der Deutsche Wohnen um CEO Michael Zahn und Finanzchef Lars Wittan wehrt sich vehement gegen die Übernahme durch Vonovia. Sie halten das Angebot für zu niedrig und zweifeln die Synergien an, die das Vonovia-Management nach der Zusammenlegung beider Unternehmen erwartet.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.