Die 66 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme von Monsanto durch Bayer war zwar die größte, jedoch bei weitem nicht die spektakulärste deutsche Übernahme im abgelaufenen Jahr. Auch Finanzinvestoren, aber vor allem Konzerne lieferten sich aufgrund des enormen Investitionsdrucks regelrechte Bieterwettstreite um Unternehmen.
Den Anfang machte die Frankfurter BHF Bank, um die sich der chinesische Finanzinvestor Fosun mit dem französischen Bankier Philippe Oddo zankte. Der M&A-Prozess reicht zurück bis ins Jahr 2015, als Fosun mit 28 Prozent der BHF-Aktien klar vor Oddo (13,9 Prozent) und dem BWM-Erben Stefan Quandt (11,3 Prozent) lag. Fosun bot 5,10 Euro pro Aktie und bewertete die Frankfurter Privatbank mit rund 500 Millionen Euro.
Doch unbemerkt von der Öffentlichkeit und ohne eine Meldeschwelle zu berühren, stockte Oddo seine Anteile auf 21,6 Prozent auf. Parallel schloss er Kaufverträge mit den beiden Großaktionären Franklin Tempelton und Stefan Quandt und kontrollierte damit 50,1 Prozent von BHF. Oddo bot daraufhin 5,75 Euro pro Aktie, was einem Transaktionswert von 760 Millionen Euro entsprach. Fosun musste sich Ende Januar geschlagen geben und kaufte stattdessen das Bankhaus Hauck & Aufhäusser.
Der M&A-Hickhack um Balda
Die wohl skurrilste Übernahmeposse lieferte Balda. Eigentlich hatte der westfälische Kunststoffteilehersteller bereits einen Kaufvertag mit dem Private-Equity-Investor Paragon über 62,9 Millionen Euro geschlossen. Das hätte das Ende sein können – war es aber nicht. Die Industriegruppe Heitkamp & Thuman (HT) reichte ein Gegenangebot ein. Paragon besserte trotz geschlossenem Kaufvertrag auf 65,9 Millionen Euro nach. HT erhöhte daraufhin auf 74 Millionen Euro. Diese Angebot wurde auf der Hauptversammlung mit der überwältigen Mehrheit von 97,4 Prozent angenommen.
Doch das Balda-Management sah Potential für einen noch höheren Kaufpreis. Nach der Versammlung flatterte ein weiteres Angebot des italienischen Unternehmens Stevanato über 80 Millionen herein. Es kam zu einer weiteren Hauptversammlung, auf der sich HT und Stevanato gegenseitig auf 95 Millionen Euro hochboten. Die Italiener erhielten den endgültigen Zuschlag. Balda war verkauft und steht exemplarisch für eine raue Kapitalmarktkultur, bei der die Erlösmaximierung alles andere in den Hintergrund drängt.
Stada wird von Aktivist AOC in die Ecke gedrängt
Nicht so skurril, aber genauso hart lief der Machtkampf beim hessischen Arzneimittelkonzern Stada. Auslöser war der aktivistische Investor Active Ownership Capital um den ehemaligen Trition-Manager Florian Schuhbauer. Der wollte zunächst den Aufsichtsrat neu besetzen, um im Anschluss die Corporate Governance bei Stada neu zu ordnen. Beobachter unterstellen ihm zudem, dass er Stada anschließend verkaufen oder aufspalten wollte – ein Vorwurf, den er stets bestritt.
Stada willigte dem Vorschlagt zunächst ein, stellte dann jedoch einen eigenen Kandidaten für die Neubesetzung des Aufsichtsrats. Zudem mandatierte Stada die US-Investmentbank Goldman Sachs für die Beratung bei Kapitalmarktfragen und die Verteidigung bei einer möglichen Übernahme. Auf der Hauptversammlung Ende August kam es zum Showdown. Aufsichtsratschef Martin Abend wurde nicht wiedergewählt – Punkt für AOC. Doch die Aktionäre wählten nur einen der vier Stada-Vertreter in den neuen Aufsichtsrat. AOCs aggressive Pläne zur kurzfristigen Neuausrichtung des Konzerns wurden vereitelt.
Kaiser’s Tengelman: Edeka, Rewe und Sigmar Gabriel
Als eine beinahe unendliche Geschichte entpuppte sich der Verkauf von Kaiser’s Tengelmann. Bereits im Oktober 2014 (!) einigte sich Tengelmann-Chef Karl-Ervian Haub mit Edeka über einen Verkauf aller Filialen. Doch die deutschen Kartellhüter äußerten Bedenken und stoppten den Deal. Über eine Ministererlaubnis versuchte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Übernahme dennoch zu ermöglichen.
Das wiederum passte Edeka-Konkurrent Rewe nicht. Die Kölner reichten Klage gegen die Ministererlaubnis ein und bekamen vom Düsseldorfer Oberlandesgericht Recht. Der Streit drohte zu eskalieren. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder versuchte zu schlichten. Am Ende einigten sich die Parteien auf einen Kompromiss: Edeka kauft zunächst alle 400 Filialen von Kaiser’s Tengelmann, reicht aber in einem zweiten Schritt 60 davon an Rewe weiter, das seine Klage zurückzog.
Drei Fäuste für ein Haldex
Gleich drei Bieter nahmen es miteinander auf, um den Zuschlag für den schwedischen Bremsenhersteller Haldex zu erhalten. Den Anfang machte der fränkische Nutzfahrzeugzulieferer SAF Holland mit einem Angebot über 450 Millionen Euro.
SAF war allerdings aus dem Rennen, als ZF Friedrichshafen im August 515 Millionen Euro aufrief. Damit begann der Poker erst, denn Anfang September stieg der Münchener Marktführer Knorr-Bremse mit 560 Millionen Euro in den Bieterstreit ein. ZF zog daraufhin gleich und verwies auf die größere Transaktionssicherheit, da im Falle einer Übernahme durch Knorr-Bremse kartellrechtliche Probleme drohten.
An dieser Stelle hat sich ZF offenbar verkalkuliert. Denn als Knorr-Bremse auf 580 Millionen Euro erhöhte, verließ sich ZF auf die Management-Empfehlung von Haldex. Knorr-Bremse erhielt auf der Hauptversammlung am Ende den Zuschlag, doch bekam zum Jahresende, wie von ZF prophezeit, Probleme mit den Kartellbehörden, die es noch zu lösen gilt.
Braas Monier: Mit Gratisaktien gegen die Übernahme
Den Oscar für den kreativsten Abwehrversuch erhält der Dachziegelproduzent Braas Monier. Mitte September wagte der US-amerikanische Wettbewerber Standard Industries die feindliche Übernahme und sicherte sich die Aktienpakete der drei Hauptgesellschafter von Braas Monier über insgesamt rund 40 Prozent.
Die Hessen gaben daraufhin Gratisaktien an ihre Aktionäre aus, um so den Übernahmepreis nach oben zu treiben. Braas rüttelte damit nicht nur am europäischen Übernahmerecht, Standard Industries sah darin eine rechtswidrige Verteidigungsmaßnahme und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Bevor der Streit vor Gericht eskalierte, einigten sich beide Parteien. Standard Industries erhöhte das Angebot von 1,9 Milliarden auf rund 2 Milliarden Euro.