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Distressed M&A-Deals: Wann die Restrukturierung gelingt

Distressed M&A-Deals: Wer eine zu optimistische Geschäftsplanung vorlegt, wird Investoren nicht überzeugen.
Thinkstock / Getty Images

Während der reguläre M&A-Markt seit Monaten auf niedrigem Niveau stagniert, herrscht auf dem Markt für Distressed Assets aktuell reges Treiben. Die Zahl der Restrukturierungsfälle ist 2012 erneut gestiegen, namhafte Unternehmen mit hoher Schuldenbelastung füllen die Bücher der Restrukturierungsbanker. Für Thomas Sittel, Director bei Goetzpartners Corporate Finance, sind dies Anzeichen dafür, dass der M&A-Markt für Distressed Assets weiter ansteigen wird. „Wir sehen viele Restrukturierungsfälle, aber gleichzeitig einen weiteren Rückgang der Insolvenzen im ersten Quartal dieses Jahres“, sagt Sittel. Insbesondere bei größeren Unternehmen hätten Banken trotz ESUG in vielen Fällen nach wie vor ein hohes Interesse daran, die Insolvenz gegebenenfalls mit Hilfe eines Verkaufs zu vermeiden. Und sie sind immer besser aufgestellt, um einen Distressed M&A-Deal rechtzeitig zu forcieren: „Die Risikonistrumente sind besser, dadurch entdecken Banken ihre Restrukturierungsfälle früher“, beobachtet Sittel. Auch die Anzahl an Covenants in Kreditvereinbarungen nimmt zu. Reißt ein Unternehmen auch nur eine dieser Vorgaben, kann die Bank handeln und beispielsweise über einen Treuhänder Einfluss auf einen Restrukturierungsfall nehmen.

Doch auch bei frühzeitigem Handeln gibt es Restrukturierungsfälle, an denen sich wohl jeder Verkäufer die Zähne ausbeißt. Gescheiterte Notverkäufe wie die Drogeriekette Schlecker, die im Januar 2012 Insolvenzantrag stellte, oder der Versandhändler Neckermann, der im September den Betrieb einstellen musste, zählen zu den prominentesten Beispielen der jüngeren Vergangenheit. „Klassische Händler, die keine tragfähige Onlinestrategie haben, lassen sich nur schwer verkaufen. Solarunternehmen sind ohne Subventionen kaum noch weiterzuführen. Selbst bei Automotive ist die Lage zurzeit wegen der zuletzt gesunkenen Absatzzahlen in Europa und vor allem Deutschland schwierig“, sagt Sittel.

Verkäufern rät er, gerade bei Distressed M&A-Deals auf ein gutes Zeitmanagement zu achten und die Investoren mit einer realistischen Geschäftsplanung zu überzeugen. „Wer mit einer optimistisch gerechneten Hockey-Stick-Prognose ins Rennen geht, die dann gleich im ersten Meeting zerrupft wird, verliert die Investoren.“

Zielgerichtete Ansprache bei Distressed M&A-Deals

Bei der Ansprache potentieller Interessenten rät Sittel dazu, mehrgleisig zu fahren. Allzu zerfasert darf das Interessentenfeld aber auch nicht sein. „Wir haben schon Prozesse erlebt, in denen jemand innerhalb von zwei Monaten mehr als 180 Investoren angesprochen hat – das ist eine Streubombe und hat mit einem zielgerichteten Verkauf nichts mehr zu tun“, sagt Sittel.

Die vermeintlich simplen Grundregeln von Distressed M&A-Deals scheinen in der Tat nicht immer beherzigt zu werden. Auch bei prominenten Distressed Assets wie Schlecker und Neckermann munkelt man im Markt schon länger, dass die Deals nicht zuletzt wegen unrealistischer Planungsszenarien platzten. Vergleichsweise gute Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang des M&A-Prozesses haben Verkäufer dagegen, wenn das Unternehmen operativ gesund ist und vor allem aufgrund zu hoher Schulden oder zu enger Covenants zum Distressed-Fall wird. Auf Erfolg bei ausländischen Investoren darf hoffen, wessen Geschäftsmodell auf das Käuferland übertragbar ist. Auch strategische Aspekte sind in vielen Distressed M&A-Deals der Schlüssel zum Erfolg. „Chinesische Investoren beispielsweise interessieren sich für Automotive-Firmen nicht nur aufgrund der Technologien, sondern auch, um näher an den Produktionsstandorten der großen europäischen OEMs zu sein“, beobachtet Sittel.

Häufig treten auch Wettbewerber oder PE-Investoren mit ähnlichem Portfolio-Unternehmen als Käufer in der Not auf. Die große Anzahl an Restrukturierungsfällen  und die abnehmende Unsicherheit im Markt sind für Sittel Anzeichen dafür, dass der Bereich Distressed Assets auch 2013 weiter aktiv bleiben wird. „Die Investoren trauen sich wieder an das Thema heran; wir werden weiter einen hohen Anteil an Distressed M&A-Deals haben.“

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